Unterstützung auf den „Nazikern reduziert“

■ Interview mit „Forsa“-Chef Manfred Güllner zum demoskopischen Absturz der Reps

taz: Herr Güllner, die Talfahrt der Reps hält an. Das „Forsa“- Wahlbarometer sieht sie inzwischen bei 2 Prozent. Wo sind die Rep-Sympathisanten geblieben?

Manfred Güllner: Wir verzeichnen heute, daß nur noch der harte Kern der Alt- und Neonazis Republikaner wählen möchte. Diejenigen, die mit dem Zustand der beiden Großparteien unzufrieden sind, wandern nicht mehr zu den Reps ab. Bei der Europawahl 1989 war das noch ganz anders. Da waren etwa zwei Drittel der Rep- Wähler Protestwähler, die über kein geschlossenes rechtsextremes Weltbild verfügten. Sie sind aus Protest zu den rechtsextremen Rattenfängern gelaufen. Das ist jetzt zum Glück vorbei. Ich hoffe, die Politik wird sich in Zukunft so klug verhalten, daß es nicht wieder zu diesem Zulauf kommt, sondern es bei dem Nazikern bleibt.

Was hat den Wandel bewirkt? Den Parteien schien doch im letzten Jahr das Volk wegzulaufen.

Auch im letzten Jahr haben sich schon – anders als 1989 oder 1992 – weit weniger zu den Rechtsradikalen bekannt. Diese Abwanderung von den Rechtsradikalen ist sicherlich darauf zurückzuführen, daß es nach dem Fanal von Mölln, nach den Morden von Solingen und nach dem Brandanschlag auf die Synagoge von Lübeck eine weitreichende Ächtung der Rechtsradikalen gegeben hat. Die Protestwähler haben begriffen, was sie mit ihrer Wahl anrichten. Im übrigen ist es immer in Wahlkampfsituationen so – und wir haben quasi seit der Bundespräsidentenwahl Wahlkampf –, daß sich die Wähler dann doch wieder entlang den alten Parteilinien sortieren. Auch wenn sie zwischenzeitlich sehr unzufrieden mit ihrer Partei waren. Insbesondere die CDU hat es seit ihrem Hamburger Parteitag geschafft, diese Unzufriedenen wieder an sich zu binden.

Gilt das auch für die CSU in Bayern? Werden die Reps auch dort scheitern?

Im letzten Jahr haben wir für die Reps in Bayern noch fast ein zweistelliges Ergebnis gemessen. Ich hoffe, daß sie jetzt unter 5 Prozent kommen, wobei das in Bayern immer ein bißchen schwerer ist. In Bayern gibt es eine ausgeprägte, statusverunsicherte Mittelschicht. Schon Ende der 20er Jahre haben es die Nazis geschafft, aus diesem Milieu viele Anhänger zu gewinnen. Das sind nicht Protestwähler aus der Schicht der „kleinen Leute“, sondern dazu gehört der Metzgermeister aus Rosenheim, der sich zwischen oben und unten zerrieben fühlt. In Bayern kann man deshalb nicht ausschließen, daß die Reps die Fünfprozenthürde schaffen, auch wenn die Bindungskraft der CSU sich wieder verbessert hat.

Inwieweit wirkt sich die Stigmatisierung der Reps als verfassungsfeindliche Partei aus? Beruht die Abkehr von den Reps nicht eher auf opportunistischen Überlegungen als auf einem tatsächlichen Einstellungswandel?

Ich hoffe, daß der energische Kampf der großen Parteien, der ja lange auf sich hat warten lassen, die Leute davon überzeugt hat, daß man das Rattenfängerpack nicht wählen darf. Denken Sie doch nur an diese Winkelanalytiker der SPD, die 1989 in einem Strategiepapier darüber schwadroniert haben, daß ein Erstarken der Rechtsradikalen der SPD nur nütze und die CDU schwäche. Wenn solche Überlegungen von Parteien angestellt werden, darf man sich ja nicht wundern, daß Protestwähler ihr Votum für die Rechtsradikalen als nicht so dramatisch ansehen.

Die endgültige Läuterung scheint fraglich. Wie groß ist die Gefahr eines neuen Umschwungs?

Man muß sich der Gefahr eines Rückfalls immer bewußt sein, aber ich glaube, es ist noch nie in Deutschland der übergroßen Mehrheit in der Bevölkerung so bewußt geworden, daß die Reps eine rechtsextreme Partei mit einer Nähe zur Naziideologie sind. Davon profitieren die etablierten Parteien. Interview: Walter Jakobs