Elf Rohrkrepierer und ein Feuerwerk

■ HSV blamiert sich bei der Heimpremiere gegen Uerdingen mit einem 0:0 Von Jan Strahl

Am Mittwoch abend fand über dem Volksparkstadion in Anwesenheit von knapp 29.000 Menschen ein eindrucksvolles Feuerwerk statt. Das Spektaktel am Himmel fand bei den Massen allerdings nur wenig Beachtung. Diese strömten zombiegleich – starrer Blick und schweigend – in alle Himmelsrichtungen davon. Hin und wieder murmelten die Verstörten Sätze wie „ Schmiert euch das in die Haare“ oder „Mich seht ihr sobald nicht wieder.“ Welches Grauen hatte sich in Stellingen ereignet und so viel Wut und Verzweiflung über die Menschen gebracht? Des Rätsels Lösung: Der HSV gab gegen Bayer Uerdingen seine Bundesliga-Heimpremiere.

Beim leistungsgerechten 0:0 gegen den Aufsteiger verspielten die Hanseaten-Kicker gleich etliches an Zuschauergunst. Nicht allein das Ergebnis, sondern auch Konzeptlosigkeit und das Fehlen einer zwingenden Torchance über 90 Minuten boten Anlaß für ein effenbergwürdiges Pfeiffkonzert. Besonders hart muß es jene Anhänger getroffen haben, die nach den torreichen Bundesligabegegnungen des Vorabends Möllersche Maßstäbe im Kopf hatten. Benno Möhlmann hatte wenige Tage zuvor noch Sympathie für die Drei-Punkte-Regelung bekundet. Nach dieser – bei der WM schon genutzten – Regel erhält die siegreiche Mannschaft drei statt bisher zwei Punkte. Seine Elf jedoch machte beste Werbung für eine andere Änderung: Keinen Punkt für ein 0:0.

Dabei hatte der Trainer zumindest auf dem Papier ein sehr offensives Team nominiert: Mit Karsten Bäron, Valdas Ivanauskas und Sergio Zarate sollten die Krefelder unter Druck gesetzt werden. Zarate gelang das Kunststück seine Quirligkeit am Ball zu zeigen, ohne Raumgewinne zu erzielen. Bäron und Ivanauskas wirkten behäbig und steif. Belebt wurde das Spiel nur durch Jörg Albertz und den für Zarate eingewechselten Marco Weißhaupt, die sich immer wieder um Initiative bemühten. Ansonsten wurde das Publikum mit Pässen ins Leere und Schüßen wahlweise in Abwehrspieler oder über das Tor verwöhnt.

Bayer-Coach Friedhelm Funkel darf man es nicht übelnehmen daß er sich über den Anti-Fußball „sehr zufrieden“ zeigte. Das Ziel seines Teams: Ein Unentschieden für den Klassenerhalt erkämpfen. Dem Torpfosten und Uli Stein ist es zu verdanken, daß Uerdingen nicht mit beiden Punkten abreiste. Dementsprechend enttäuscht zeigte sich Benno Möhlmann: „Das Flügelspiel sollte anders laufen.“

Der Fußballehrer weiß, daß schwere Zeiten auf ihn zukommen, wenn sich die Leistung des HSV auf dem bisherigen Level stabilisieren sollte. Die Erwartungen von Fans und unparteiischer Öffentlichkeit waren auf geheimnisvolle Weise gestiegen und wurden schon jetzt enttäuscht.

Schon morgen bei Schalke 04 (15.30 Uhr im Parkstadion) müssen die Hamburger möglichst für Wiedergutmachung sorgen. Besondere Brisanz erhält die Begegnung in Gelsenkirchen dadurch, daß sie ein Test für das Spiel der nächsten DFB-Pokalrunde ist: In wenigen Wochen treffen beide Mannschaften erneut aufeinander.