Ein ganz und gar irdischer Zwist

■ Ingo von Münch verklagt Bischöfe / Kirchenrechtler: „Schwachsinn“ Von Sven-Michael Veit

Gong zur nächsten Runde: Der ganz und gar irdische Zwist zwischen dem Hamburger Staatsrechtler Ingo von Münch und dem Bischofskollegium der Nordelbischen Kirche wird vor Gericht enden. Die prinzipielle Frage steht auf dem Prüfstand, ob die Kirche politisch tätig werden darf, wenn sie das vertraulich tut. Der FDP-Politiker und ehemalige Zweite Bürgermeister Hamburgs erwartet ein Grundsatzurteil von großer Bedeutung, denn „Präzedenzfälle gibt es meines Wissens nicht“.

Ingo von Münch verlangt seit Monaten die Herausgabe eines Briefes, in dem die Bischöfe Maria Jepsen (Hamburg), Karl Ludwig Kohlwage (Lübeck) und Hans-Christian Knuth (Schleswig) die Beendigung des Kieler „Schubladen“-Ausschusses gefordert hatten (taz berichtete). Ingo von Münch bestreitet zwar nicht, daß Kirche heute auch politisch tätig werden darf: „Aber warum haben die Bischöfe keinen Offenen Brief geschrieben?“

Die Kirchenleitung hat mehrfach die Offenlegung des Schreibens an die schleswig-holsteinische Landtagspräsidentin und die Fraktionsvorsitzenden des Kieler Landtags verweigert. Als Grund gab sie „seelsorgerliche Gesichtspunkte“ an. Statt dessen bot sie von Münch in dieser Woche an, ein klärendes Gespräch zu führen.

Der jedoch stellte Bedingungen: Auf ein „Geheimgespräch“ mit den Bischöfen wollte er sich nicht einlassen. Er forderte die Veröffentlichung des Gesprächs und des Briefes sowie eine Erklärung der Bischöfe. Diese sollten versprechen, künftig „vertrauliche (= heimliche) politische Aktionen nicht mehr vorzunehmen, wenn diese Aktionen objektiv gesehen vorrangig oder zumindest auch parteipolitische Einflußnahmen beinhalten“.

Die Kirchenleitung hat diese Bedingungen abgelehnt. Sprecher Ocke Peters nannte das Ansinnen „völlig inakzeptabel“, denn „bischöfliches Handeln ist in weiten Teilen immer politisch.“

Der Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche, Axel von Campenhausen, bezeichnete gestern von Münchs Vorgehen als „Schwachsinn“. Kirche legitimiere sich selbst, sagte von Campenhausen gestern gegenüber dpa. Von Münch wolle die Kirche kontrollieren, doch nur die Kirche selber könne sich einen Auftrag geben: „Die Trennung von Kirche und Staat und die Religionsfreiheit sind schließlich im Grundgesetz verankert“.

Von Campenhausen zog die Parallele zur Politik: „Es gibt ja auch nicht den Anspruch des Einzelnen, den Dienstbriefwechsel des Bundeskanzlers einzusehen. Wenn das jetzt jedes Kirchenmitglied bei den Bischöfen verlangen würde, das wäre doch lächerlich.“ In der Nord-elbischen Kirche selbst melden sich immer mehr Funktionäre zu Wort. Die Kirche könne sich nur in Tagespolitik einmischen, wenn sie dies „transparent und öffentlich“ tue, meinte die Hamburger Synodalin Maria Oppermann.