In Goma regieren die Macheten

■ UNHCR sieht keine Handhabe gegen Blutvergießen in ruandischen Flüchtlingslagern

Berlin (taz) – Die Sicherheitslage in den zairischen Flüchtlingslagern um Goma und Bukavu, wo insgesamt über eine Million Ruander leben, gerät außer Kontrolle. Mehrere Hilfsorganisationen versuchten gestern, erneuten Zugang zum Inera- Flüchtlingslager außerhalb der Stadt Bukavu zu erlangen. Zuvor waren dort ihre Mitarbeiter unter massiven Bedrohungen vertrieben worden. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR waren in insgesamt drei Lagern von Unbekannten Gerüchte gestreut worden, die Hilfsorganisationen hätten das Trinkwasser vergiftet. Ruander hätten daraufhin mit Äxten und Macheten den Abzug der Organisationen erzwungen. Die Lager von Bukavu sind der nächste geplante Einsatzort der von der Hilfsorganisation „Care Deutschland“ mobilisierten freiwilligen medizinischen Helfer.

Auch in den Lagern um Goma ist die Sicherheitslage „äußerst besorgniserregend“, sagte UNHCR-Mitarbeiter Rupert Colzille gestern der taz. „Menschen sind mit Macheten umgebracht worden, es hat Plünderungen gegeben, es sind Handgranaten geworfen worden.“ Bereits am Mittwoch hatte UNHCR-Sprecher Ray Wilkinson erklärt, in den Lagern herrsche „faktisch Kriegszustand“. Colzille führt aus, zu Gewalt komme es oft im Rahmen von Lebensmittelverteilungen, bei denen sich bewaffnete Ex-Soldaten des früheren ruandischen Regimes durchzusetzen versuchten. Bis zu 30.000 Angehörige des früheren Militärs sollen sich gut organisiert in den Flüchtlingslagern aufhalten. Nach UNHCR-Angaben haben sie sich inzwischen in ein eigenes Lager umgruppieren lassen. Sie schüchtern auch massiv Flüchtlinge ein, um sie von einer Rückkehr nach Ruanda abzuhalten. „Manchmal kommen Leute insgeheim zu uns und sagen: Wir möchten gerne zurück, aber wir haben Angst“, sagt Colzille.

Eine Handhabe gegen die Milizionäre sieht das UNHCR offenbar nicht. Colzille: „Es ist nicht unsere Aufgabe, Vorschläge zu machen.“ Nach seinen Worten ist für die Sicherheit in den Lagern das Gastgeberland Zaire zuständig – zairische Soldaten haben sich aber an Plünderungen beteiligt. Ansonsten, so der UNHCR-Mitarbeiter, gebe es Gespräche mit geflohenen ruandischen „Ältesten“ – damit meint er die Dorfvorsteher des alten Regimes. Die in Goma und Bukavu stationierten französischen Truppen hätten „kein Mandat“, auf zairischem Gebiet aktiv zu werden. Die US-Soldaten in Goma, die technische Hilfe vor allem bei der Wasseraufbereitung geleistet haben, übergeben dieser Tage ihre Arbeit an zivile Hilfsorganisationen und ziehen wieder ab. Eine Stationierung von UNO-Blauhelmen in den Lagern kommt nach Angaben von UNO- Sprecherin Therese Gastaut nicht in Frage, da das Mandat des Sicherheitsrates allein für Ruanda gelte. Dominic Johnson