Kino auf engstem Raum

■ Der WDR zeigt ein Portrait von Richard Fleischer

Richard Fleischer hat als wohl einziger Regisseur in der Filmgeschichte eine Szene während einer Sonnenfinsternis gedreht. In „Barabas“ (1964) verdunkelt sich der Himmel, als Jesus ans Kreuz geschlagen wird, wie es im Neuen Testament steht. Jeder andere Regisseur hätte die Weltnacht mit Filtern oder der Blende simuliert. Der Perfektionist Fleischer drehte die Kreuzigung in der Nähe von Rom während einer echten Sonnenfinsternis. Einige Zuschauer sollen bei der Aufnahme auf die Knie gefallen sein, um zu beten.

Richard Fleischer, dessen Werk heute abend (23 Uhr, WDR- Fernsehen) in dem einstündigen Portrait „Auf engstem Raum“ von Lars-Olav Beier und Robert Müller vorgestellt wird, ist kein Regisseur aus der ersten Garde Hollywoods. Obwohl der 70jährige sich vom Wochenschau-Filmer im Zweiten Weltkrieg über B-Movies in den fünfziger Jahren zu richtig teuren Cinemascope-Schinken in den Sechzigern und Siebzigern hochgearbeitet hat, ist sein Name bis heute weniger bekannt als die Titel seiner Filme: die Jules-Verne-Verfilmung „20.000 Meilen unter dem Meer“ (1954), die apokalyptische Zukunftsvision „...Jahr 2022 ... die überleben wollen“ (1973) oder der LSD-geschwängerte Pop-Science-fiction-Film „Fantastic Voyage“ (1966), in dem ein Mini-U-Boot in die Blutbahn eines Menschen gespritzt wird.

Die klaustrophobische Situation der U-Boot-Crew, die in diesem psychedelischen Meisterwerk durch einen knallbunten Organismus düst und sich nervenaufreibende Schlachten mit weißen Blutkörperchen liefert, ist typisch für viele Arbeiten Fleischers: Schon sein erster Spielfilm hieß „Trapped“ (1949, dt. „Die Menschenfalle“). Tatsächlich zieht sich das Motiv von Enge, Begrenzung und Eingeschlossensein wie ein roter Faden durch Fleischers Werk. Niemand hat wie er winzige, klaustrophobische Räume auf der riesigen Cinemascope-Leinwand inszeniert. Darum experimentierte er auch als erster Mainstream-Regisseur mit der Split-Screen-Technik: In „The Boston Strangler“ (1958) zerlegte er das Filmbild in bis zu 16 einzelne Kader. Tilman Baumgärtel