Reuter statt Diepgen?

■ Der Daimler-Chef bekundet nebulös sein Interesse als Berliner Bürgermeister

Berlin (taz) – Nein, er gehöre nicht „zu denen, die mit hängender Zunge einer politischen Aufgabe nachlaufen“, behauptet der Daimler-Vorstandschef Edzard Reuter im Spiegel-Interview. Warum soll für die Politik nicht gelten, was sich in der Wirtschaft bewährt hat: Das Spitzenpersonal wird berufen. Der Beste macht das Rennen.

Der Mann, den das Nachrichtenmagazin zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen als Regierenden Bürgermeister der Hauptstadt ins Gespräch bringt, sagt allerdings nicht ausdrücklich, daß er ein Auge auf dieses Amt geworfen hat. Ganz vage formuliert er, er sei zu einer „wie auch immer gearteten Regierungsverantwortung“ bereit. Auf die Frage, ob er in Berlin als SPD-Spitzenkandidat zur Verfügung steht, antwortet er: „Ich stehe mit Sicherheit nicht für einen Wahlkampf zur Verfügung. Ich bin ansprechbar, wenn eine Regierung gebildet wird.“

Für ihn sei allerdings „die Frage entscheidend, welche Parteien welche Sachaussagen mittragen können“. Es müsse eine politische Konstellation gegeben sein, die eine Lösung komplizierter Aufgaben ermögliche. Da überrascht es wenig, daß Reuter gegenüber einer Großen Koalition „keinerlei Berührungsängste“ hat. Sehr populär für viele BerlinerInnen wohl auch Reuters Versprechen: Wenn er Bürgermeister würde, dürfe jedermann durchs Brandenburger Tor fahren. Der Kandidatenvorschlag wurde übrigens aus Reuters Haus selbst lanciert. Der Daimler-Benz- Generalbevollmächtigte für Öffentlichkeitsarbeit, Matthias Kleinert, schlug Reuter vor.

Nach außen reagiert die Berliner SPD humorvoll auf den Vorstoß: Landesgeschäftsführer Rudolf Hartung verglich gestern die Spiegel-Kampagne mit dem jüngsten Wahlkampfgag der Berliner Genossen, einem Kunststoffpropeller mit Antriebsstange . „Wenn man die links rum in der Hand dreht, geht das Ding in die Luft“, so Hartung, „aber man kommt immer schnell auf den Boden zurück.“ win