Dicke Luft an der Rennbahn

■ Pferderennen-Präsident Jacobs blamiert Rennliebhaber Wirtschaftsstaatsrat Haller

Wer Geld hat, zeigt das mit seinen „Siebener“. Wer mehr Geld hat, hält sich ein Rennpferd. Im Bremer Rennverein ist also nur der vornehmste Geldadel der Stadt vereint, Namen wie Becher und Jacobs. Der 87jährige Walther Jacobs, Kaffee-Millionär, hat den Rennbetrieb in der Vahr wesentlich finanziert und dirigiert im Vorstand des Rennvereins.

Und der hat „in wirklich unhanseatischer Weise“ die institutionelle Prominenz der Stadt „vor den Kopf gestoßen“, Leute mit Funktions-Titel: „Persönlichkeiten wie ein Sparkassenvorstand, der Vorsitzende der Stiftung Wohnliche Stadt, der 1. Syndikus der Handelskammer Bremen, der Geschäftsführer des Flughafens, der Programmdirektor von Radio Bremen und Präsident des Bremer Reiterverbandes...“ Das stellt niemand geringeres fest als Bremens Staatsrat für Wirtschaft und Herr über die Sanierungs-Milliarden, Dr. Frank Haller. Ihm selbst, so Haller, sei eine „persönliche Blamage“ zugefügt worden. Das Verhältnis ist damit gebrochen: „Ich persönlich stehe für gemeinsame Aktivitäten nicht mehr zur Verfügung“, endet der böse Brief.

Haller, ein Pferdeliebhaber, war oft im Publikum auf der Galopp-Rennbahn, wettete dort engagiert mit und setzte auch mal gern auf die beiden Renner seiner Frau. In seiner Eigenschaft als Staatsrat wollte er gleichzeitig die Galopprennbahn fördern, damit die nicht nur zehn Mal im Jahr Programm bietet und mit mehr als einem mittelmäßigen Geschäft zu Bremens Freizeit-Geschäft beiträgt. „Nach monatelangen Vorarbeiten“, so rekapituliert Haller in seinem Brief, habe man „gemeinsam ein zukunftsorientiertes Konzept“ entwickelt.

Eckpunkte: Die nun vor den Kopf gestoßenen Persönlichkeiten sollten als „Beirat“ den Rennverein auch jenseits der etwas überalterten Exklusivität populär machen. Sparkassen-Vorstand Nölle wollte dafür sogar Vorstand spielen.

Zweitens: Der „von uns gemeinsam als nicht geeignet angesehene Geschäftsführer“ (Haller an Jacobs) des Rennvereins, der gleichzeitig die Kölner Konkurrenz managt und in Bremen wenig Präsenz zeigt, sollte durch den Stadthallen-Geschäftsführer ersetzt werden. „Wettbewerbsfähige Veranstaltungen, die dem Jahr 2.000 Rechnung tragen“, sollten installiert werden, Haller wollte aus dem Staatssäckel dazu einen „Preis der Freien Hansestadt Bremen“ finanzieren.

Alles war abgemacht, am 20. Juli sollte die Mitgliederversammlung des Rennvereins die erforderlichen Entscheidungen absegnen. Doch da kamen erstaunlich viele Mitglieder, der Vorsitzende Walther Jacobs warb für das über Monate verabredet Reformprogramm nicht, sondern, so Haller, ließ es zu, daß „aus der gemeinsamen Verabredung für eine Reform des Bremer Rennvereins an Haupt und Gliedern womöglich eine Klage des Rennvereine sgegen die Stadt“ wird - ein „Stück aus dem Tollhaus“.

Und damit auch nicht der Eindruck aufkommt, das ganze sei ein Mißverständnis und womöglich heilbar, legte Haller in seinem Schreiben gleich die Konsequenzen dar: Er droht mit einer „genauen Überprüfung“ der Finanzbeziehungen zwischen Stadt und Rennverein. Und was noch schwerer wiegt: Wegen der „Perspektivlosigkeit“ des Rennvereins müßten „Nutzungsalternativen für den Rennplatz gesucht“ werden.

Dahinter steckt, was den alten Renn-Adel besonders verärgert: Mit in den Beirat sollte auch der Geschäftsführer der Trasco, Johann P. Ackermann. Der gehört sozusagen zu den Prolos des Pferdesports, zu den Liebhabern der Traber. Falls es überhaupt eine nachvollziehbare Erklärung für die Kehrtwende des Rennvereins-Vorsitzenden Jacobs gibt, dann diese: Lieber in Ehren untergehen als um billiger Einnahme-Effekte willen den populären Trab-Rennern einen Platz neben dem Rennverein einräumen. K.W.