Trio Infernale gegen Kohl

■ Schröder und Lafontaine führen Scharpings Kabinettsliste an / Hälfte der Posten für Frauen

Bonn (taz) – Scharping, Schröder, Lafontaine – diese drei sollen Helmut Kohl schlagen. Als der SPD-Vorsitzende und Kanzlerherausforderer Rudolf Scharping gestern in Bonn sein Schattenkabinett vorstellte, nannte er den niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder als künftigen Minister für Wirtschaft, Verkehr und Energie. Lafontaine – bisher als Superminister für Wirtschaft und Finanzen genannt – firmiert als künftiger Finanzminister. Das Dreierteam bildet den Kern einer Mannschaft von 13 designierten Ressortchefs und zwei Kanzleramtsministern, davon sind sieben Frauen. Außerdem nannte Scharping vier zukünftige persönliche Kanzlerberater.

Am Tag nach dem ganz auf den Kanzler zugeschnittenen Wahlkampfauftakt der Unionsparteien präsentierte sich die SPD personell als die teamfreudige und jüngere Alternative. Zum Spitzentrio gesellen sich die stellvertretende Parteivorsitzende und Rechtsexpertin Herta Däubler-Gmelin (Justiz), SPD-Bundesgeschäftsführer Günter Verheugen (Außen und Entwicklung), die niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn (Umwelt), Sozialexperte Rudolf Dreßler (Arbeit und Soziales), Hans-Ulrich Klose (Verteidigung), der baden-württembergische SPD-Chef Ulrich Maurer (Innen). Heidemarie Wieczorek-Zeul soll im Ministerstatus für Europa-Fragen, Wolfgang Thierse für den Aufbau Ost ins Kanzleramt einziehen. Außerdem auf der Kabinettsliste: die Berliner Frauensenatorin Christine Bergmann, die nordrhein-westfälische Bauministerin Ilse Brusis, die parteilose Ärztin und Ex-Leichtathletin Heidi Schüller, Anke Fuchs und Peter Glotz. Als Kanzlerberater nannte Scharping Wirtschaftsmanager Daniel Goeudevert, die brandenburgische Sozialministerin Regine Hildebrandt, den Ex-Präsidentschaftskandidaten und Bürgerrechtler Jens Reich und die von den Umweltverbänden zur Öko-Managerin des Jahres gekürte Jungunternehmerin Britta Steilmann.

Die Überraschung der Personalliste ist die Aufnahme des Ex- und Erzrivalen Gerhard Schröder in das Trio an der Spitze. Scharping eröffnete seine Vorstellung mit den Namen Lafontaine und Schröder, alle anderen folgten in alphabetischer Reihenfolge. Der Kanzlerkandidat mochte gestern kein Problem darin sehen, daß seine beiden wichtigsten Mitstreiter nicht frei von Ambitionen auf das Kanzleramt waren. Scharping: „Es ist ein großer Gewinn, daß Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder mitarbeiten.“ Schröder, der früher erklärt hatte, für ein solches Team nicht zur Verfügung zu stehen, nannte als Gründe für seine Bereitschaft, daß der Kanzlerkandidat ihn gebeten habe und daß Kohl unbedingt abgelöst werden müsse. Lafontaine, nach der Abwertung seines Amtsbereichs befragt, antwortete launig: „Ein guter Mann, der mir die Arbeit abnimmt. Ich habe immer dafür geworben, daß Schröder mit von der Partie ist.“ Scharping kündigte an, daß eine SPD- Regierung die Zahl der Ministerien verringern würde. Aufgelöst würden beispielsweise das Post- und das Verkehrsministerium. Die Zahl der Staatssekretäre soll um ein Drittel reduziert werden. Die Bundesregierung solle damit straffer, entscheidungsfähiger und kostengünstiger werden. CDU-General Peter Hintze ließ erklären: „Ein Halbschattenkabinett, bei dem die Steigbügelhalter Fischer und Gysi im dunkeln bleiben.“ Tissy Bruns Seiten 3 und 10