Lehrer sollen wechseln

■ Senatorin Raab zum Schulanfang: Mehr Integration als sonst irgendwo in der BRD

Viele, viele Zahlen offerierte Hamburgs Schulsenatorin Rosemarie Raab gestern zum Schulanfang. Die Zahl der Integrationsklassen für behinderte und nichtbehinderte Kinder steigt auf 142 (Vorjahr 126). Die Zahl der „Integrativen Regelklassen“, in denen lernbehinderte Kinder nicht ausgelesen werden, steigt auf 238 (Vorjahr 147). Damit, so Raab, würden mehr als 13 Prozent aller Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf in integrativen Klassen unterrichtet - mehr als sonst irgendwo in der Bundesrepublik.

Auch die Zahl der Ganztagsschulen steigt um drei auf 25, die der „Integrierten Haupt- und Realschulen“, einer Art Mini-Gesamtschule, gar um vier auf 14. Der Schulversuch „Englisch in der Grundschule“ wird im nächsten Schuljahr flächenddeckend eingeführt. 120 Grundschullehrer treten dafür jetzt die Fortbildung an. Bereits fortgebildet sind „Schriftberaterinnen“, die an 55 Grundschulen, vornehmlich in sozialen Brennpunkten, die Lese-Rechtschreibschwäche bekämpfen sollen.

Überhaupt sei die Fortbildungsbereitschaft der LehrerInnen „sehr hoch“, lobte die Senatorin. Ein Engagement, ohne welches die vielen „innovativen Vorhaben“ nicht durchführbar wären. In Zahlen: Am Institut für Lehrerfortbildung werden 32.000 Fortbildungsstunden für 6000 Pädagogen gegeben.

Die nicht so gute Nachricht kam verpackt. Unter dem Motto „Mobilisieren durch Qualifizieren“ werkelt die Schulbehörde derzeit an einem Fortbildungs-Konzept, das Lehrer annimieren soll, die Schulform zu wechseln. Dies trifft vor allem Gymnasiallehrer, von denen es angeblich 116 zuviel gibt. Ein alter Zankapfel, da auch dort eingeführte Frequenzsenkungen und zusätzliche Abi-Prüfungsanforderungen nicht mitgerechnet werden.

So kommt es, daß im Hamburger Schulwesen jede Menge Lehrerstellen fehlen: Allein 88 an Grund- und Hauptschulen, 42 an Sonderschulen und 38 an Gesamtschulen. Damit dies ausgeglichen wird, werden schon heute alle freien Gymnasialstellen umverteilt.

Wenn nun im Schuljahr 95/96 die Arbeitszeit der Lehrer verlängert wird, was 400 Stellen freisetzt, hat dies ein größeres Umsetzungskarussel zur Folge. Ein Grund wohl, warum Raab gestern auch auf die Wechsel-Bereitschaft der Lehrer „anderer Schulformen“ setzte

Kaija Kutter