Brooklyn (bei Oldenburg)

■ Bilder aus dem Filmland USA bestimmen des „1. Oldenburger Filmfest“/ Heute Eröffnung

Noch'n Filmfestival – muß denn das sein? Die große Welle der Filmfeste ist eigentlich schon im letzten Jahr gebrochen. Da fielen großspurige Projekte wie die Festivals von Köln und Hamburg ganz aus, weil sie von ihren Finanznöten eingeholt wurden und einige Kleinstädte ließen ihre Kinotage im zweiten oder dritten Jahr sang- und klanglos untergehen. Aber jetzt wollen es Torsten Neumann und Thorsten Ritter, zwei Oldenburger Filmjournalisten, genau wissen, und deshalb organisieren sie in ihrem Heimatort das erste internationale Filmfest. „Es gibt hier engagierte Kinomacher und ein interessiertes Publikum, aber unsere Stadt wird dennoch von den Verleihern oft noch links liegen gelassen,“ so Thorsten Ritter im Gespräch mit der Taz.

Ein „Publikumsfilmfest“ nach den Vorbildern von München und Braunschweig wollen sie präsentieren. Und da die beiden alleine verantwortlich für die Auswahl der Filme waren, kann man deutlich ihre Vorliebe für das amerikanische Kino erkennen. „Wir wollen die Filme zeigen, die uns am Herzen liegen. Es wäre unaufrichtig von uns gewesen, wenn wir protektionistisch mehr europäische Filme ins Programm genommen hätten. Auch für die deutschen Filme gibt es keine Extrareihe – sie können sich nach unsere Meinung gleichwertig neben den internationalen Produktionen behaupten“. So kommen die potentiellen Publikumsrenner des Programms allesamt aus den USA, und auch die einzelnen Reihen sind auf amerikanische Filme zugeschnitten.

Ein Höhepunkt des Programm ist sicher der neue Film von Spike Lee „Crooklyn“, um den sich auch größere Festivals bemüht hatten. Die Organisatoren müssen zumindest gute Verhandlungsführer sein, wenn sie mit „konsequenter und hartnäckiger Überzeugungsarbeit“ (so Ritter) die amerikanischen Studios dazu gebracht haben, solch einen Film zur Deutschlandpremiere in das unbekannte Oldenburg zu geben. Ähnlich spektakulär verspricht die Vorpremiere von Peter Medaks „Romeo Is Bleeding“ zu werden, einer schwarzen Kriminalkomödie mit Gary Oldman, Roy Scheider und Juliette Lewis in den Hauptrollen. Daryl Hannah wird in dem aufwendigen Fantasy-Spektakel „Angriff der 20 Meter Frau“ über Häuser steigen und Autos von den Straßen greifen. Im Vorprogramm daläuft Hannahs viel leisere und sehr schöne erste Regiearbeit: der Kurzfilm „The Last Supper“.

Mit insgesammt 58 Filmen, die von heute bis Sonntag in drei Kinos (Casablanca, Kulturetage I und II) gezeigt werden, ist das Programm prall gefüllt. Neben den internationalen Premieren (darunter immerhin je ein Film aus England, Taiwan und Island) werden in der Independent Reihe low budget Filme von jungen Talenten aus den USA, Kanada und Deutschland vorgestellt. Auf den Festivals von Berlin oder München konnte man in ähnlichen Reihen oft die aufregensten Entdeckungen machen und Filmtitel wie „Fresh Kill“, „The Lost Words“ oder „Are They Still Shooting“ wecken die Neugier.

In einer Retrospektive werden alle Filme des umstrittenen Regisseurs Alex Cox gezeigt. Während viele Kritiker (wie zum Beispiel ich) sagen, daß er nach seinem ersten Spielfilm „Repo Man“ nur noch enttäuschte, hat er einige enthusiastische Fürsprecher. Thorsten Ritter spricht etwa davon, daß er „zu Unrecht so untergegangen ist und sich auf sehr interessante Weise den üblichen Mechanismen des Filmgeschäfts entzieht.“ Neben „Highway Patrolman“, dem letzten in Mexiko fertiggestellten Film von Cox, wird auch eine 60 Minuten Fassung des noch unvollendeten „Death & the Compass“ gezeigt, einem futuristischem Thriller, für dessen Special Effects noch das Geld fehlt. Cox wird seine Filme selber vorstellen.

Eine weitere Reihe ist Nancy Savoca gewidmet, einer jungen New Yorker Regisseurin, deren drei bisher fertiggestellte Filme (True Love, Dogfight und Household Saints) gezeigt werden. Thorsten Ritter beschreibt sie als „einfühlsame Erzählerin, die auf eine unspektakuläre aber sehr prägnante Art Filme macht – abseits von den gängigen Konventionen“.

Nicht gerade die originellste Idee war es, in einer Reihe Filme über New York zu präsentieren. Den guten alten „King Kong“ oder „Taxidriver“ muß man nicht nochmal auf einem Festival zeigen, aber es gibt auch einige interessante Ausgrabungen wie Brian De Palmas „Greetings“ von 1968 mit einem der ersten Auftritte von Robert DeNiro. Dani Levys „I Was On Mars“ wird hier zum ersten Mal in Deutschland in der amerikanisch/deutsch/polnischen Originalfassung gezeigt.

Zuletzt wird hier jetzt schon das Geheimnis gelüftet: Der Überraschungsfilm am Sonntag abend ist Barry Levinsons „Jimmy Hollywood“. Natürlich noch ein Amifilm – die Organisatoren blieben ihrer Linie treu.

Wilfried Hippen