Vulkan: Aufbau Ost, Abbau West

■ Weiterer Stellenabbau in Bremerhaven? Vulkan-Chef Hennemann sorgt für Verwirrung Wismar wird Führungswerft im Vulkan Verbund

Dem Betriebsratsvorsitzenden der Schichau Seebeckwerft AG in Bremerhaven, Pflaumbaum, ist gestern morgen schier der Unterkiefer runtergeklappt. Von „1.000 weniger Arbeitsplätzen in den kommenden drei Jahren“ in Bremerhaven hatte der Vorstandsvorsitzende der Bremer Vulkan Verbund AG, Friedrich Hennemann, geredet, während er für die Meeres-Technik-Werft Wismar(MTW) blühende Perspektiven sah. Die Bremerhavener durften das aus Berichten des Handelsblattes und der heimatlichen Nordsee-Zeitung lesen - Hennemann hatte es vorgezogen, die schlechte Nachricht im fernen Wismar auf einer Pressekonferenz zu verkünden.

Pflaumbaum selbst kann die Äußerungen Hennemanns „nicht nachvollziehen“. Schon das alte „Personalabbaukonzept“ des Bremer Vulkan hat 700 Arbeitsplätze gekostet, in der Planung bis 1996 sind noch 400 weitere weg - auf dem Vulkan in Vegesack selbst, auf der Schichau-Werft und der Lloyd-Werft in Bremerhaven. Bis Ende 1996 verbleiben den beiden Bremerhavener Werften nach dem alten Konzept zusammen nur noch rund 2.300 MitarbeiterInnen. Ein weiterer Abbau würde bedeuten, „daß die Lloyd-Werft ganz geschlossen wird“, befürchtet Pflaumbaum.

„Traurig, traurig“, findet das Dr. Lüneburg von der Wirtschaftspolitischen Leitstelle Bremerhaven. Momentan arbeiteten rund 4.000 Beschäftigte im Schiffbau in Bremerhaven. „Ich gehe davon aus, daß weitere 1.000 Arbeitsplätze wegfallen“, sagt auch Dr. Lüneburg, „mich persönlich haben Hennemanns Worte nicht überrascht“. „Jetzt ist das Land gefordert“. Doch das stehe den „Konzernstrukturen machtlos gegenüber“.

Die Schreckenssätze Hennemanns standen nicht in seinem Manuskript - erst auf mehrfaches Nachbohren des Bremerhavener Pressekollegen ließ er sich auf derart klare Aussagen über den alten Standort an der Weser hinreißen.

Langfristig würden Arbeitsplätze nur über Investitionen in Bremerhaven erhalten bleiben. Die Konzernmutter Bremer Vulkan mit einem prognostizierten Umsatz für 1994 von 7 Milliarden Mark hat für den Standort an der Wesermündung gerademal 150 Millionen Mark vorgesehen. Die zahlt auch ein Vulkan Verbund nicht aus der Portokasse. Doch verglichen mit den 1,2 Milliarden Mark, die der Vulkan in den Neuen Bundesländern im Schiffbau investiert, nimmt sich die Summe eher bescheiden aus. Die Schichau-Werft wird daher auch in Zukunft auf das neue Dock von 32 Metern Breite verzichten müssen. Das wäre nötig, um hier breite Kreuzfahrtschiffe zu bauen.

Dafür entsteht mit den Geldern des Vulkan bei der MTW in Wismar eine der modernsten Werften der Welt. Noch laufen die brandneuen Anlagen in den abgewirtschafteten Hallen aus volkseigener Zeit. Doch die Bauvorbereitungen für die „Kompaktwerft 2.000“ laufen auf Hochtouren. MTW soll damit innerhalb des Verbundes zur Führungswerft werden. In den ab Mitte 1997 fertiggestellten Hallen und dem 360 Meter langen Trockendock sollen dann nur noch die ganz großen Tanker und Containerschiffe über 6000 TEU (Standardcontainer) zusammengeschweißt werden.

Für Bremerhaven bleibt nach den Worten Hennemanns „das Marktsegment unter Panamax“. Das bedeutet, daß die KollegInnen dort ihre standardisierten Einzelteile nur noch für Schiffen bis höchstens 2.700 TEUs liefern werde. Und die sind langfristig nicht wettbewerbsfähig. fok