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Geld stinkt manchmal doch

Günther Krause, abgewickelter Verkehrsminister, überwacht im Aufsichtsrat die schon 42 Jahre dauernde Auflösung der IG-Farbenindustrie AG  ■ Von Donata Riedel

Wie sehr Geld stinken kann – diese Erfahrung hat Günther Krause bereits in seiner Zeit als Bundesverkehrsminister gemacht. Als er sich, nach der Putzfrau, auch einen fiktiven Umzug in sein Immer-schon-Haus in Börgerende aus Steuergeldern bezahlen ließ, stank das selbst seinem Freund und Förderer Helmut Kohl zu kräftig. Krause mußte gehen.

Doch wieder ist es die Gier nach Geld, die ihn in die Schlagzeilen zurückträgt. Vor drei Wochen tauchte der Vorzeige-Ossi der CDU als Bank-Eigentümer aus der Versenkung auf, woran nichts Anrüchiges ist, denn daß einer mit dem Land-Erbe seiner Frau ins Immobilienmakeln einsteigt, ist hierzulande die normalste und nebenbei lukrativste Art, „viel Geld zu verdienen“, wie der Spiegel den Exminister zitiert.

Auch Krauses neuester Nebenjob ist völlig legal: Aufsichtsrat bei der „IG Farbenindustrie AG in Abwicklung“, zu dem er gestern von den Aktionären der Hauptversammlung nach Redaktionsschluß gewählt werden sollte.

Einen übleren Geruch verbreitet allerdings kein Spekulationspapier als die nun unter Krause-Aufsicht stehende „IG Liqui“-Aktie. 1952 wurde die IG Farbenindustrie AG gegründet. Ihren Auftrag hat sie erfüllt, nämlich die Reste des berüchtigten Nazi-Konzerns IG- Farben aufzulösen und mit dem Geld die ehemaligen Zwangsarbeiter zu entschädigen. Während des Krieges hatte sich der damals größte Chemiekonzern der Welt durch die Beschäftigung von 30.000 Zwangsarbeitern zusätzlich bereichert. Allein bei Auschwitz, wo sich der Konzern von KZ- Häftlingen ein neues Werk errichten ließ, schufteten sich 25.000 Zwangsarbeiter zu Tode. Eines der Produkte des von den US-Amerikanern aufgelösten Konzerns war Zyklon B für Hitlers Gaskammern.

Aus den Einzelteilen des Nazi- Konzerns entstanden im Nachkriegswesten die Chemiekonzerne BASF, Bayer, Hoechst, Casella und Hüls. Das Restvermögen, aus Gebäuden und Grundstücken, die nicht dirket zur Chemieproduktion dienten, sollte die IG Farben zusammentragen, verkaufen und mit dem Geld die Zwangsarbeiter entschädigen. Doch von Anfang an betätigten sich die Liquidatoren eher als Akkumulatoren von Vermögen. Nur ein einziges Mal erhielt eine jüdische Stiftung 30 Millionen Mark von der IG Liqui, seither versuchen die Aktionäre, ihre Hauptversammlungen von ehemaligen Zwangsarbeitern frei zu halten. Natürlich hatte Hans Frankenthal, der als Auschwitz-Insasse für die IG-Farben schuften mußte, auch gestern in Frankfurt keine Chance, von den 300, meist im Rentenalter befindlichen Aktionären, anstelle Krauses in den Aufsichtsrat gewählt zu werden.

Offenbar ist es gerade der Leichengeruch, der laut Handelsblatt „schillernde Interessengruppen“ zum Spekulieren animiert. Immer wieder wurden die Papiere zu erstaunlichen Preisen gehandelt oder wechselten Paketweise hin und her. Immer wieder tauchten neue Objekte, meist Immobilien auf, die irgendwann einmal zum Firmenvermögen des Nazi-Konglomerats gehörten. Der Mauerfall beflügelte die Phantasie enorm, obwohl bislang alle Gerichte einen Anspruch der IG Liqui auf 151 Millionen Quadratmeter bebauten und unbebauten Ostboden abgelehnt haben. Jetzt vertraut man eben aufs Bundesverfassungsgericht, auch wenn außer den Liquidatoren Ernst-Joachim Bartels und Günter Vollmann kaum jemand, schon gar kein Jurist, an einen Rückgabeanspruch glaubt.

Nach der Ausschüttung von 130 Millionen Mark sind laut Handelsbaltt noch 30 Millionen in der IG- Farben-Kasse, mit denen weiter abgewickelt und um Grundstücke im Osten prozessiert werden soll. Nach der Ausschüttung zum Ende des Jahres hat die Begeisterung für die Liqui-Papiere allerdings spürbar nachgelassen. Sie dümpeln derzeit bei fünf bis sechs Mark, direkt nach dem Mauerfall waren sie auf 32,90 Mark gestiegen.

Krause, der hemmungslose Neukapitalist, könnte also durchaus zu spät zu den Nazivermögens- Abwicklern gestoßen sein, um damit noch viel Geld zu verdienen. Die Liquidatoren wiederum hoffen, daß vielleicht ja Krause doch noch einen Weg zu den Ostimmobilien, welche die Firma zur größten Grundbesitzerin der Republik machen würden, finden wird. Schließlich glaubt man, daß Krause im Osten über beste Verbindungen noch aus DDR-Zeiten verfügt. Vielleicht läßt sich ja aus der Verbindung von Rot mit Braun erst richtig Kapital schlagen. Schlimmer stinken kann dieses Geld auch dann nicht.

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