Rote Socken ohne Sparstrumpf

■ PDS behält fünf Immobilien und muß 1,8 Milliarden Mark SED-Vermögen abgeben

Berlin (dpa/taz) – Das Parteivermögen galt neben den ehemaligen Stasi-Leuten in ihren Reihen als der schlagende Beweis für die realsozialistische Tradition der SED-Nachfolgepartei PDS. Sofern er auf den Vermögenswerten gründet, ist die PDS seit gestern den schlechten Ruf los, allerdings auch den Großteil dieses Vermögens. Die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des DDR-Parteivermögens billigte gestern einen Kompromiß, den ihr Vorsitzender Hans-Jürgen Papier mit dem Schatzmeister der PDS, Dietmar Bartsch, ausgehandelt hat, um den seit vier Jahren währenden Streit um das Milliardenerbe der SED zu beenden.

Der Vergleich, auf den die beiden sich bereits vor längerer Zeit geeinigt haben, sieht vor, daß der PDS von den mehr als tausend Grundstücken und Immobilien, über die die SED verfügte, fünf verbleiben, die bereits zur Zeit der Weimarer Republik zum Grundbesitz der KPD gehörten. Darunter befinden sich die Parteizentrale in Berlin und ein Ferienheim im Thüringer Wald. Der Gesamtwert dieser fünf Immobilien und Grundstücke wird auf 50 Millionen Mark geschätzt.

Außerdem werden der PDS geschätzte 120 Millionen Mark erlassen, die sie zwischen dem 1. Juni 1990 und dem 31. August 1991 aus dem SED-Altvermögen entnommen und für laufende Parteigeschäfte ausgegeben hat. Im Juni 1990 war von der damaligen DDR-Regierung die Unabhängige Kommission geschaffen worden, die das Vermögen aller Altparteien unter treuhänderische Verwaltung stellte. Seitdem durfte, um die Vermögen zu sichern, nur mit Billigung der Kommission darüber verfügt werden. Nicht nur die PDS, sondern auch CDU und FDP haben nach Ansicht Papiers „Ausgaben aus dem von ihnen übernommenen Altvermögen der CDU-Ost beziehungsweise von LDPD und NDPD für Personal, Sachmittel und allgemeine Verwaltung geleistet“. Auch sie hätten dafür ihr Neuvermögen einsetzen müssen. Die Höhe der Beträge, die sie zurückerstatten müssen, liegen bei ihnen jedoch weit niedriger als bei der PDS.

Für den Erlaß dieser Forderungen verzichtet die PDS im Gegenzug auf sämtliche sonstigen Vermögenswerte, die nicht, wie es der Einigungsvertrag festschreibt, nach „materiell rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes erworben worden sind“. Darunter fallen sowohl jene Werte, die die bislang bekannten zirka 1.000 Immobilien und 1.000 Geldkonten darstellen, als auch jene, die nun vielleicht erst auftauchen.

Treuhänderisch verwaltet werden bereits, neben den Immobilien, 700 Millionen Mark Barvermögen. Das Auslandsvermögen, auf das die PDS bereits früher verzichtet hat, beträgt nach Angaben der Treuhand 500 Millionen Mark.

Mit dem nun geschlossenen Vergleich ist die Gefahr langwieriger Rechtsstreitigkeiten um die Zuordnung des ehemaligen SED-Vermögens gebannt. Auf 1,8 Milliarden Mark wird die Summe geschätzt, die nun, wie es der Einigungsvertrag vorsieht, an die früher Berechtigten oder deren Rechtsnachfolger zurückgegeben wird oder zugunsten gemeinnütziger Zwecke in den fünf neuen Bundesländern verwendet werden kann.

Diese brachliegende Summe zu aktivieren war das Interesse, das die Unabhängige Kommission bewegt hat, trotz einer Reihe offener Fragen und ungeklärter Konten dem Vergleich zuzustimmen. Die PDS auf der anderen Seite wird die Aussicht motiviert haben, im laufenden Wahlkampf nicht mehr mit unentdeckten Konten und dubiosen Geldverbindungen konfrontiert zu werden. Noch nicht geeinigt haben sich Kommission und PDS über die Forderung der SED-Nachfolgepartei, von Sozialplänen für ehemalige Angestellte in Höhe von drei Millionen Mark freigestellt zu werden. Dieter Rulff