Die Weltmarkt-Werft liegt im Osten

Der Bremer Schiffbaukonzern Vulkan investiert hochsubventioniert im Osten und baut dafür im Westen drastisch Arbeitsplätze ab / Eine Weserwerft wird schließen müssen  ■ Aus Wismar Ulrike Fokken

Die DDR-Fahne auf dem Schiffsmodell in der Eingangshalle ist nicht das einzige Zeichen der Vergangenheit auf der Meeres- Technik-Werft Wismar (MTW). Die Fenster der Hallen sind kaputt, auf den Rohrleitungen sammelt sich der Staub. Fast verloren zwischen dem „Altmetall“, mit dem zu DDR-Zeiten Schiffe gebaut wurden, wirken die meerblauen modernen Anlagen, die der West-Investor, der Bremer Vulkan-Konzern, hingestellt hat.

„Das kommt alles weg hier“, sagt Peter Schurbaum, Leiter Investition bei MTW. „50 bis 60 Millionen“, schätzt er, haben die neuen Anlagen zur Schiffspanelfertigung gekostet. Die rechnergesteuerten Anlagen bekommen ihre Informationen „direkt aus der Konstruktion“ oder werden per Lochstreifen eingespeist. „Ein Mann, eine Maschine“, erläutert Schurbaum das personal- und damit kostensparende Vulkan-Konzept.

Nach der Übernahme der DDR-Werft haben die Bremer zunächst 3.200 MTW-Beschäftigte entlassen. 562 Millionen Mark will der Bremer Konzern noch in die MTW stecken, damit daraus die „Kompaktwerft 2000“ wird. Die neuen Hallen sollen miteinander verbunden werden und direkt in das noble 360 Meter lange Trokkendock übergehen. Bis Mitte 1997 soll die neue Werft fertig sein, die Treuhand trägt 337 Millionen Mark dazu bei.

Die Wismarer Werft werde „das Kompetenzzentrum der Zukunft“ sagt Friedrich Hennemann, Vorstandsvorsitzender des Bremer Vulkan. Der Osten solle nicht die verlängerte Werkbank des Westens sein. Er strebe „die Gleichberechtigung der Standorte in Ost und West an“.

Wohl nicht im Werftensektor: Während der Vulkan-Konzern in Mecklenburg-Vorpommern in den kommenden Jahren 1,8 Milliarden Mark in den Schiffbau investiert, setzt er im heimischen Bremen auf die Sparten Dienstleistung und Systemtechnik. In dem Ostsee-Bundesland sollen 8.600 neue Arbeitsplätze entstehen, 1.100 mehr als mit der Treuhand vereinbart. In Bremerhaven baut der Vulkan- Verbund dafür kräftig Produktions-Arbeitsplätze ab. Auf den Werften Schichau Seebeck und Lloyd sind bereits 750 Beschäftigte entlassen worden, bis 1996 sollen es 1.100 werden.

Hennemann sprach Anfang der Woche davon, weitere „1.000 Arbeitsplätze in den nächsten drei Jahren in Bremerhaven abzubauen“. Das wäre das Aus für eine der Werften an der Wesermündung. Doch „das ist eine Folge der Marktentwicklung, nicht unseres Engagements in den neuen Bundesländern“, sagt Hennemann.

Die MTW soll im Konzern „Führungswerft“ werden. Nach den Plänen von Hennemann sollen die Wismarer, deren Trockendock fast dreimal so groß wie das in der Wesermündung ist, nur noch Großtanker und Container- Schiffe, die mehr als 6.000 Standardcontainer laden können, zusammenschweißen. Nur die werden in Zukunft auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig sein.

Birgit Breuel findet die Entwicklung der Werften aus ihrer Sicht als Präsidentin der Treuhand befriedigend: „Die westlichen Firmen werden sich sputen müssen, um in Zukunft mit den östlichen Werften mithalten zu können.“ Gut ein Drittel des Konzernumsatzes will der Vulkan in Zukunft in den neuen Bundesländern machen. Dieses Jahr rechnen die Bremer mit sieben Milliarden Mark im Gesamtverbund, knapp 42 Prozent entfielen schon im ersten Halbjahr auf die Sparte Schiffbau.