Fraktionen an die Leine

■ Rechnungshof: Maulkorb im Wahlkampf

Der bremische Landesrechnungshof legt die Bürgerschaftsfraktionen an die Leine. Der Bericht der obersten Rechnungsprüfer über die Finanzen der Bürgerschaftsfraktionen liegt in einem ersten Entwurf vor. Danach sollen die Abgeordneten in Zukunft kürzer gehalten werden, wenn es um die Verteilung der öffentlichen Mittel geht. Sie sollen zum Beispiel bei der Zusatzbesoldung der Fraktionsvorsitzenden sparen, und sie sollen weniger Geld bei politischen Essen in der Gastwirtschaft lassen. Vor allem aber will der Rechnungshof den Daumen auf den Mitteln halten, die die Fraktionen für die Öffentlichkeitsarbeit ausgeben, insbesondere in der Nähe von Wahlen. Stichwort: illegale Parteienfinanzierung. In den sechs Wochen vor Wahlterminen soll die Öffentlichkeitsarbeit von Fraktionen verboten sein.

Mit dem Bericht will der Rechnungshof den Rahmen für das zukünftige Ausgabengebahren der VolksvertreterInnen abstecken. Bislang konnten die Fraktionen ihre Vorsitzenden, deren StellvertreterInnen, VorsteherInnen von Arbeitskreisen und alle FunktionsträgerInnen besser bezahlen als gewöhnliche Abgeordnete. Das findet das Bundesverfassungsgericht ungeheuerlich, überprüft aber gerade nochmal seine eigene Meinung. Der Bremer Rechnungshof dagegen findet es völlig in Ordnung, wenn Abgeordnete ein wenig mehr verdienen, wenn sie mehr arbeiten. Nur will es der Rechnungshof nicht mehr den Fraktionen selbst überlassen, wieviel sie ihren Chefs mehr in die Lohntüte packen. Ohnehin wollen die BuchprüferInnen die Bezahlung des Personals am BAT-Tarif erzwingen. Das ist eine Position, die auf erbitterten Widerstand von Seiten der PolitikerInnen stößt, die um ihre Flexibilität in der Personalpolitik fürchten.

Dickster Konfliktpunkt ist allerdings schon traditionell die Frage der Öffentlichkeitsarbeit. Da will der Rechnungshof enge Grenzen setzen, insbesondere in der hochsensiblen Vorwahlzeit, wenn die finanziell chronisch klammen Parteien gerne die Fraktionen vorschicken, die Sache öffentlich zu vertreten. Sechs Wochen vor dem Wahltermin will der Rechnungshof keine Fraktionsanzeigen mehr sehen. Und schon gar nicht mehr geduldet werden sollen die sündhaft teuren Meinungsumfragen, weder von Fraktionen, noch vom Senat. Das trifft zum Beispiel die CDU, die schon kurz nach der letzten Bürgerschaftswahl mit einer von der Fraktion bezahlten Umfrage in die Öffentlichkeit gegangen war.

So verschlüsselt der Bericht sein mag, ein paar Zahlen lassen sich doch zuordnen. Die sind so absurd, daß sie nur von der Fraktion stammen können, die den Rechnungshof besonders geärgert hat – der DVU. Die hat nur 6,9 Prozent ihrer Mittel für Personal ausgegeben, was ihre minimalistische Arbeitsleistung widerspiegelt. Aber dafür sind 42 Prozent der Zuschüsse für die Öffentlichkeitsarbeit geflossen, als Werbezettel oder in die Anzeigenkasse der „National Zeitung“. Eine Kapriole will der Rechnungshof der DVU direkt verbieten: FraktionsmitarbeiterInnen, die weit entfernt von Bremen wohnen, sollen ihre Fahrtkosten in Zukunft selbst bezahlen. Damit kann nur der DVU-Geschäftsführer Sven Eggers gemeint sein. Der kommt nämlich zu jeder Bürgerschaftssitzung aus München angereist, wo er beim DVU-Besitzer Frey arbeitet. Bezahlt werden die langen Fahrten aus der Staatskasse – noch. J.G.