Zaghaftes ÖPNV-Gesetz

■ Bausenatorin: BSAG vor Konkurrenz schützen / FDP und Grüne unzufrieden

Zum 1.1.1996 wird bundesweit der öffentlichte Nahverkehr neu geordnet. Der regionale Schienenverkehr geht in die Regie der Bundesländer über und eine Richtlinie der EU verlangt die Öffnung des Busverkehrs für freie Konkurrenz. In Bremen allerdings soll trotzdem möglichst alles beim Alten bleiben. Das jedenfalls wünscht sich Bausenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte und hat deshalb in der Sommerpause von ihrer Behörde einen entsprechenden Entwurf für ein Bremer ÖPNV-Gesetz erarbeiten lassen.

Jedes einzelne Bundesland muß bis zum 1.1.96 ein solches Gesetz verabschieden. Darin muß vor allem festgelegt werden, wer künftig über die Vergabe von Lizenzen an Beförderungsunternehmen und über die Verteilung staatlicher Zuschüsse für den ÖPNV entscheidet. In Bremen soll dies eine neugeschaffene Behörde sein, die in enger Zusammenarbeit mit der VBN auch über Fahrpläne und Tarife der Nahverkehrsmittel Bahn, Straßenbahn und Bus entscheidet.

Die Neuordnung des ÖPNV ist mit einer gut 20prozentigen Erhöhung der Bundesmittel für diesen Bereich verbunden. Gegenüber 46 Millionen Mark in Jahr 1995 wird das Land Bremen ab 1997 für den ÖPNV 57 Millionen Mark zur Verfügung haben. Davon müssen dann allerdings auch alle Investitionen im regionalen Bahnverkehr finanziert werden.

Als „sehr wenig innovationsfreudig“ kritisierte der grüne Fraktionssprecher Dieter Mützelburg gestern den Behördenentwurf für das ÖPNV-Gesetz. Die Grünen hatten im April einen eigenen Gesetzes-Vorschlag gemacht, der neuen ÖPNV-Unternehmen erheblich größere Möglichkeiten für konkurrierende Angebote eingeräumen würde. „Ein ÖPNV-Gesetz darf keine Ewigkeitsgarantie für vorhandene Unternehmen sein“, meinte Mützelburg gestern. Außerdem vermissen die Grünen eine Erwähnung des Linienverkehrs auf der Weser. Die bestehenden Weser-Fähren in Bremen-Nord und auch der geplante „Weserbus“ sollten ihrer Meinung nach in den Verkehrsverbund aufgenommen werden.

Auch die FDP wünscht sich künftig mehr Konkurrenz als bisher im Gesetzentwurf der Bausenatorin vorgesehen. Taxis müßten stärker in das ÖPNV-Netz eingebunden werden, und bei der Einrichtung neuer Buslinien sollten kleinere Anbieter auch dann eine Chance haben, wenn es die große BSAG ablehnt, erklärte der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Magnus Buhlert, auf Anfrage. Nach der von Lemke-Schulte vorgeschlagenen Regelung sollen „bestehende Bedienungsverbote“ nur aufgehoben werden können, wenn „die beteiligten Verkehrsunternehmen zustimmen“.

Bis zum Stichtag 1.1.96 soll die Verkehrsgemeinschaft Bremen/Niedersachsen (VBN) erweitert und zu einem echten Verkehrsverbund weiterentwickelt werden. Mit einem einzigen Fahrschein sollen dann alle öffentlichen Verkehrsmittel zwischen Bremerhaven, Oldenburg, Vechta und Rotenburg benutzt werden können. In den Gremien der VBN soll dann der Nahverkehrsplan „von unten nach oben“ erstellt werden, den die neue ÖPNV-Behörde am Schluß genehmigt.

Da es dabei auch um die Verteilung der Millionen-Zuschüsse des Bundes auf die einzelnen Verkehrsunternehmen geht, ist eine enge Kooperation mit Niedersachsen erforderlich. Der Bremer Gesetzentwurf ermächtigt denn auch ausdrücklich die Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven, sich an einer entsprechenden niedersächsischen Koordinierungsinstitution zu beteiligen. Umgekehrt wird sich der große Nachbar aber wohl kaum in die Bremer Gremien einschalten. Ase