■ Das Portrait
: Matjew Burlakow

Der letzte russische Soldat zieht ab Foto: Stiebing/Zenit

In einem sind sich alle einig: keine Kleinigkeit, den Abzug von 550.000 Soldaten, die Verschiebung von zweieinhalb Millionen Tonnen Material zu organisieren. Die „internationale Meinung“, heißt es in den Presseagenturen, lautet: Das war „eine der größten Militäroperationen nach dem Zweiten Weltkrieg“. Manche vergleichen sie sogar mit dem Golfkrieg. Für den General Burlakow, der gestern mittag feierlich die Fahne der Westgruppe einholte und dann als letzter Vertreter der russischen Streitkräfte vom Flughafen Sperenberg abflog, hat es sich gelohnt.

Er kehrt als Vize-Verteidigungsminister nach Rußland zurück. Wahrscheinlich wird er sich kaum mit dem Verteidigungsminister Gratschow anlegen. Man versteht sich, schließlich schenkte er dessen Sohn zur Hochzeit einen Mercedes.

Auch Jelzin lobt er häufig, zum Beispiel wegen dessen Bemühungen um den Zusammenhalt der GUS; wie er vor dem Putsch im August 1990 „die weisen Ratschläge“ des Putschisten Jasow lobte. Anscheinend ist Jelzin vergeßlich, es ist ihm wohl auch entfallen, daß die Generäle Burlakows nach Berichten russischer Revisoren Hunderte Millionen Mark aus den Fonds für den Abzug aus Deutschland veruntreut haben sollen. Schwamm drüber. Schließlich sind so tüchtige Generale schwer aufzutreiben. Da macht es auch nichts, daß er in seinem gerade erschienenen Buch „Wir verabschieden uns als Freunde“ Gorbatschow und dessen Berater und nicht etwa den Stalinismus als Hauptschuldigen am Untergang der Sowjetunion benennt. Sie hätten „ein verbrecherisches Experiment am ganzen Land, ja am ganzen sozialistischen System vollzogen.“ So ist das.

Aber tüchtig ist der Mann aus Ulan Ude jenseits des Baikalsees; so sehr, daß er sich schon in der Offiziersschule in Omsk aussuchen konnte, wo er hin wollte. Er wählte den Truppendienst in der DDR und ging 1957 nach Fürstenwalde. 19 Jahre später war er schon Befehlshaber zweier Armeen in Transbaikalien und in der Mongolei, 1988 Befehlshaber der Südgruppe in Ungarn, dann, die letzten vier Jahre, schließlich Oberbefehlshaber der Westgruppe der Truppen in Deutschland. Ja, und nun Vize-Verteidigungsminister und, seit Mittwoch, Mitglied der Akademie der Kultur Rußlands.

Er hat viel vor: Erstmals will er seine Soldaten als Friedensstifter an allen Enden der ehemaligen Sowjetunion einsetzen.Anja Kaatz