Bloß nicht wohnen wie Napoleon!

■ Die Fachmesse „Öko und Bau“ warnt vor Wohngiften und stellt Alternativen vor

Mannheim (taz) – Das erste bekanntgewordene Opfer der Vernachlässigung ökologischer Grundsätze bei der Innenausstattung von Gebäuden war wahrscheinlich Napoleon Bonaparte. Der Ex-Kaiser der postrevolutionären Grande Nation wurde in der Verbannung auf St. Helena durch Arsendämpfe, die seiner grünen Tapete entströmten, langsam vergiftet. Das jedenfalls hat gestern der Ausrichter der Fachmesse „Öko und Bau“ in Mannheim behauptet, Roland Zwerenz von der Agentur Ortec in Dresden.

Damit die Häuslebauer und ihre Familienangehörigen heute nicht mehr das Schicksal des alten Korsen ereilt, haben Zwerenz und sein Team vor zwei Jahren diese Informationsmesse für Architekten, Bauingenieure und potentielle Bauherren und -damen neu auf dem heiß umkämpften Markt der Messen und Ausstellungen in Deutschland plaziert. Die Anbieter von ökologisch verträglichen Baustoffen, von Dämmstoffen aus reiner Schafwolle und wasser- und energiesparenden Installationssystemen, haben das Forum „Bau und Umwelt“ dankbar angenommen. Denn auf konventionellen Baumessen, so ein Sprecher der Aussteller, würden die Anbieter ökologischer Produkte von den Etablierten noch immer „als Exoten an den Rand gedrängt“ – oder als lästige Mahner gleich ausgegrenzt.

Dabei seien die noch wenigen Bau- und Baustoffirmen, die sich schon heute der Konversion verschrieben haben, alles andere als „weltfremde Esoteriker“ oder ökonomische Hasardeure, sagte Zwerenz in seiner Eröffnungsrede auf dem Mannheimer Maimarktgelände. Auch der baden-württembergische Umweltminister Harald Schäfer ist als Schirmherr der Öko und Bau der festen Überzeugung, daß der Umweltsektor – „im Gegensatz zu vielen anderen Wirtschaftszweigen“ – auf Dauer ein Wachstumssektor bleibe: „Wer heute auf Ökologie baut, hat künftig die Nase vorne.“

Seine klassische Nase vorne haben will offenbar auch der italienische Stardesigner Luigi Colani. Zusammen mit der Agentur Rahmel Media aus Köln hat der Designer von Computern und Autos das Projekt „Öko um's Haus“ entwickelt. Colani will seine Vorstellungen vom Wohnen der Zukunft auf einem Forum am Sonnabend (12 Uhr) vorstellen.

Die 122 Ausstellerfirmen erwarten in diesem Jahr deutlich mehr Besucher als 1993 (8.000), denn die Öko und Bau 1994 sei gezielt auf die Informationsbedürfnisse „breitester Bevölkerungsschichten“ zugeschnitten worden, sagte Zwerenz. „Weltneuheiten“ habe die Öko und Bau nicht zu bieten. Dafür aber „solide, in der Praxis erprobte Technologie“. Und die, so Zwerenz, sei den meisten Menschen noch immer „eher unbekannt“. Schließlich liege der Marktanteil der ökologischen Bau- und Baustoffirmen gemessen an der gesamten Branche erst „im Promillebereich“.

Eher untypische Produkte kann man übrigens unter dem Kürzel „TAZ“ auf der Öko und Bau in Mannheim erwerben: Allerlei Installationsgerät von einer Firma aus Tiefenthal namens „TAZ GmbH Technologie Anwendungs- Zentrum“. Klaus-Peter Klingelschmitt