■ Worum geht's?
: Die Hälfte von Hessen

„Wir waren immer vom Einigungsvertrag und den Versprechungen des Kanzlers ausgegangen“, sagt ein Bauer aus der Magdeburger Börde zu dpa. „Wir glaubten, die Ergebnisse der Bodenreform bleiben unangetastet. Und da ist Gorbatschow, der sich nicht mehr erinnern kann, daß die Russen die Unantastbarkeit der Bodenreform zur Bedingung für die deutsche Einheit gemacht haben. Unsere Zukunft kann doch nicht von einem Mann abhängen. Und das nur, weil er mit einem englischen Historiker plaudert, vielleicht um ein paar Devisen mehr zu verdienen.“

Die Bodenreform war enorm: 7.160 Güter, die über 100 Hektar groß waren – „Junkerland“ – und 4.537 Bauernhöfe unterhalb dieses Limits, die „Naziaktivisten und Kriegsverbrechern“ gehörten, wurden zwischen 1945 und 1949 von den Sowjets enteignet, insgesamt 3,3 Millionen Hektar. Zu DDR- Zeiten gingen sie in Staatsbetriebe und landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften über. Ein Großteil davon, insgesamt 1,3 Millionen Hektar, wird heute von der Treuhand verwaltet. Diese 1,3 Millionen Hektar – eine Fläche, mehr als halb so groß wie das Bundesland Hessen – stehen im „Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz“ (EALG) zur Debatte. Zum gößten Teil liegen diese Anwesen in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Bewirtschaftet werden sie von LPG-Nachfolgegesellschaften, in denen achtzig Prozent der etwa 35.000 mecklenburgischen Bauern arbeiten. In Brandenburg sind die Zahlen etwa gleich groß. Sollte die Bodenreform als ganzes in Frage gestellt werden, so wären noch wesentlich größere Flächen und mehr Personen betroffen.