Sohlenkick und Reaktion

■ Die neue Sportart Federfußball soll ab Mitte September auch in Hamburg boomen Von Clemens Gerlach

Beim Wettbewerb „Wer erfindet die originellste Sportart?“ würde der Vorschlag Federfußball neben Unterwassersurfen mit Sicherheit einen der vorderen Plätze belegen. Zu spät – Federfußball als offizielle Sportart gibt es schon. Dennoch ist eine Menge Phantasie vonnöten, um sich etwas unter diesem Etikett vorstellen zu können. Federfußball – klingt das nicht wie Eideidei oder Killekille auf dem Rasen? Mag sein. Nur wer diesen Sport einmal live erleben durfte, wird schnell von solchen Vorurteilen Abstand nehmen.

Federfußball ist eine Mischung aus Badminton (das Spielfeld), Volleyball (die Spielregeln) und Fußball (die Schußtechnik) – ungefähr. So dürfen die drei Spieler einer Mannschaft den bis zu vierzehn Gramm schweren Ball – ein zylindrischer Kunstsstoffkörper (Durchmesser vier und Höhe ein Zentimeter) mit vier symmetrisch angeordneten Gänsefedern oben drauf – viermal hin und her passen, ehe das Spielgerät über das Netz fliegen muß. Dabei darf der Ball mit jedem Körperteil gespielt und abgewehrt werden, nur nicht mit der Hand oder dem ausgetreckten Arm. Klingt kompliziert? Ist es auch. Trotz der flugbahnstablilisierende Federn eiert der Ball, der immer mit der Kunststoffscheibe zuerst aufprallt, desöfteren unkontrolliert durch die Gegend. „Aber nur bei Anfängern“, ergänzt Peter von Rüden, der Federfußball bei einer Reise durch China kennenlernte.

Seit fünf Jahren versucht der 48jährige Hagener und dreifache deutsche Meister die Sportart, die in Asien seit 1.000 Jahren und heute von über 100 Millionen Chinesen gespielt wird, auch in Deutschland populär zu machen. Bislang mit regional sehr begrenztem Erfolg: Die 500 deutschen FederfußballerInnen kommen fast alle aus dem Ruhrgebiet. Hamburg ist absolute Provinz, doch das könnte sich ab 19. September ändern, wenn der AMTV Federfußball-Kurse anbieten wird. „Wir wollen den ersten norddeutschen Stützpunkt aufbauen“, erklärt Präsident Alphart Schulze.

Dieses Stadium haben die chinesischen Gäste, die vergangenes Wochenende Federfußball in Rahlstedt vorstellten, längst hinter sich. Auch wenn es Federfußball als offiziellen Mannschaftssport in China erst seit gut zehn Jahren gibt – vorher wurde mehr just for fun auf Schulhöfen oder in Parks gespielt –, ist das Niveau um einiges höher. Ungefähr 20 Zentimeter. Gerade soviel sprangen die chinesischen Männer höher als die deutschen, doch das reichte, um mit 15:1 zu siegen. Immer wieder setzte einer der Asiaten kurz vor dem 1,55 Meter hohen Netz blitzartig zu einem Fallrückzieher an, um den Ball hoch über dem eigenen Kopf und sehr akrobatisch ins gegnerische Feld hinunterzudrücken. Zumeist sauste das Federteil direkt an den Köpfen des deutschen Blocks vorbei, manchmal klatschte es aber auch gegen eine Stirn. „Das sieht schlimmer aus, als es ist“, beugt Klaus Greif, einer der besten deutschen Federfußballer, etwaigen Ängsten vor. Vier Jahre ist der Dortmunder dabei – er reichte auch nicht gegen die chinesischen Frauen (4:15), die wie ihre Landsmänner täglich mehrere Stunden trainieren. Auch sie sprangen aus dem Stand hoch genug, um den Ball in gut 180 Zentimetern Höhe mit der Sohle als Schmetterball kicken zu können, nachdem zuvor eine Mitspielerin geschickt zugepaßt hatte. Oder sie waren bei der Feldabwehr einfach reaktionsschneller.

Beweglichkeit ist die Grundvoraussetzung“, sagt von Rüden, „nicht Kraft.“ Weshalb auch Frauen gegen Männer eher eine Chance haben als in anderen Sportarten. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, um die Akzeptanz hierzulande verbessern zu können. Sollte es nicht klappen wird es daran also nicht gelegen haben. Wahrscheinlich ist der Grund simpler: Als neue Trendsportart ist Federfußball nicht cool genug, das Image von Streetball einfach tougher. Also doch lieber Unterwassersurfen?