UKE: Rette sich wer kann

■ Hübener: Die anderen Ärzte sind schuld / Die anderen: Hübener ist schuld / Patientenanwalt Funke : Senator Hajen ist schuld Von Sannah Koch

Der UKE-Strahlenskandal – ein Kampf zwischen vielen Gegnern und über unzählige Runden. Der Gong zur nächsten wurde am Wochenende geschlagen.

Rette sich wer kann den Ruf, scheint derzeit die Devise. Allen voran: der suspendierte Chef der UKE-Strahlentherapie, Klaus-Henning Hübener. Er wurde 1993 des Dienstes enthoben, weil die Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung mit Todesfolge gegen ihn ermittelt. Etliche Krebskranke soll er zwischen 1986 und –90 mit einer speziellen Therapiemethode (Bestrahlung vor und nach der Operation) behandelt haben; Hunderte klagen jetzt wegen schwerer Nebenwirkungen auf Schmerzensgeld. An 39 hat die Stadt bereits Entschädigungen gezahlt.

Aber der Chefarzt läßt dementieren: Eine unzulässige Überdosierung sei bislang in keinem Fall bekannt, in dem Hübener für die individuelle Umsetzung des Bestrahlungsplans verantwortlich gezeichnet habe, verkündet nun dessen Anwalt Albrecht Lüders. Hübeners Strategie, mit der er sich jetzt in seinen Job zurückklagen will: Nicht sein Bestrahlungskonzept war falsch, sondern die Umsetzung. Deswegen will Hübener nun geprüft wissen, welche Ärzte in den Einzelfällen verantwortlich gezeichnet haben.

Gegen diese wird aber sowieso ermittelt. Wie der Oberarzt der UKE-Radiologie, Wulf-Peter Brockmann, gestern mitteilte, habe die Staatsanwaltschaft ihm schon 1993 mitgeteilt, daß gegen sie Ermittlungen „routinemäßig eröffnet worden seien, um die Verjährungsfrist zu unterbrechen“. Berichte, denen Zufolge es konkrete Verdachtsmomente gegen ihn gebe, weist Brockmann aber „als ehrenrührig“ zurück. „Ich kann davon ausgehen, daß das Verfahren gegen mich eingestellt wird,“ bemühte er sich gestern zu betonen.

Auch Patientenrechtsanwalt Wilhelm Funke kämpft: gegen Hübener, dem er Zahlen-Schönfärberei vorwirft, gegen Wissenschaftssenator Leonhard Hajen und die UKE-Leitung, die den Mediziner seiner Ansicht nach dabei unbehelligt agieren lasse.

Denn Hübener erklärt in einer „ersten Bilanz“ zudem, daß die Rate schwerer Nebenwirkungen nach seiner Bestrahlung im unteren Bereich vergleichbarer internationaler Studien liege. Dabei stützt er sich auf den Bericht seines kommissarischen Nachfolgers im UKE, Professor Hermann aus Dresden, der laut Hübener bei den rein prä-operativ bestrahlten Patienten keine Nebenwirkungen festgestellt habe.

„Wir wissen alle, daß das nicht stimmt“, schrieb Rechtsanwalt Funke am Freitag erbost an den Senator. Beweis: Die Behörde habe an drei dieser Patienten nach gutachterlichen Prüfungen Entschädigungen gezahlt. Auch habe Hübener durch Rechentricks die Schädigungsrate auf 11,6 Prozent heruntergerechnet, dabei betrage sie in Wahrheit mindestens 37,8 Prozent, poltert Funke.

Die Schuld an diesen Hübenerschen Fehlinformationen trage die Behörde. Funkes Angriff gegen Hajen: „Ich muß Ihnen den schweren Vorwurf machen, daß Sie seit drei Monaten wissen, daß der Bericht von Professor Herrmann hinsichtlich Nebenwirkungen verheerende Fehler enthält, die Sie besseren Wissens bis heute nicht haben korrigieren lassen.“ Unverständlich sei ihm auch, warum die UKE-Leitung noch keine Erklärung zu Hübeners Bilanz abgegeben habe – besonders da die von ihm angegriffenen Ärzte immer noch in der Radiologie arbeiteten. „Wenn die Auffassung von Professor Hübener richtig wäre,“ so Funke, „hätten alle Fach- und Oberärzte entlassen werden müssen und nur er bleiben dürfen.“