Bringsel mit Quietsche für Ursi

■ Drei Tage lang war Bremen Mekka der Schäferhunde und ihrer fanatischen BesitzerInnen

Nun, mit einem Dackel habe er vor Jahren mal angefangen, gibt der Mann im grellen Vollplastik-Trainingsanzug etwas zögernd zu – „dann bin ich zum schönsten Hund der Welt gekommen, dem Schäferhund“, erzählt Uwe Gabling aus Kassel. Jahrelang war der Hundesport sein Metier, „hauptsächlich Leistung halt“, dann hat er „auf Schönheit gewechselt“. Heute ist er stolzer Besitzer eines Sohnes des letztjährigen Weltsiegers Jeck vom Noricum und einer von 40.000 BesucherInnen des „Weltchampionats für Deutsche Schäferhunde“, die am Wochenende das Weserstadion und umzu bevölkerten.

Auf dem Osterdeich ging nichts mehr: Auf Kilometern parkten Autos aus der ganzen Republik, Dänemark, Schweden, Italien, Frankreich, Belgien. Leichtes Hecheln in den angehängten Hundetransportern verrät die lebende Fracht – Champions aus aller Welt, eingeflogen und -gefahren, um sich auf der Hundeschönheitskonkurrenz zu messen. Ganze Reisegruppen aus Südamerika oder Asien haben den Weg nach Bremen angetreten – „nun, man sagt halt, die Schäferhundfreunde sind sehr fanatisch“, erklärt sich solchen Aufwand eine Mitarbeiterin des „Vereins für Deutsche Schäferhunde“, die extra angefertigte Joggingschuhe mit Schäferhundmotiv an den Mann und die Frau – passend zum Ortsgruppensanzug – bringt. In Stuttgart ist der Schäferhundverein übrigens ein mittelgroßes Unternehmen: 60 MitarbeiterInnen sind hauptamtlich beschäftigt, um die Anliegen von 120.000 Mitgliedern in Deutschland (400.000 in aller Welt) zu regeln.

Mit dem zahlreich angebotenen Schnickschnack – Fleischknochenmehl und Knoblauchgranulat, Bringsel mit und ohne Quietsche, Streichelhandschuhe, Maulkörbe, Welpenkroketten, Näpfe, Hetzzeug, natürlich Schäferhunde auf Tellern, T-Shirts, Mützen und in Alu-Bronze-Messing gegossen, sowie dazu die passende Body-Collection für Herrchen und Frauchen – werden Millionenumsätze gemacht. Das pralle Angebot hat den Bremer Christian Schulz nebst Familie und Airdale-Terrier hierhergezogen – „manche gucken da schon komisch, aber das ist mir egal.“ Auch das ein oder andere Schoßhündchen mischt sich unters Schäferhundvolk, gnädig geduldet. Dies alles kann aber weder C.C.Lin, den aus Taiwan angereisten Präsidenten der „Police Dog Association of the Republic of China“ reizen, noch den aus Surabaya/Indonesien stammenden Notar Soetjipto: Auf einen Wochenendabstecher ist er vorbeigekommen, das Championat wolle er nicht verpassen. Und nebenbei hält er Ausschau nach neuen Hunden, um seinen Bestand von 50 Schäferhunden zu erweitern. „Alles Hobby“, sagt er und lacht. Seine sechs Hundetrainer und -pfleger werden–s ihm danken.

Wie von der Tarantel gestochen rennt ein Mann ( im unvermeidlichen Trainigsanzug) auf der Tribüne des Weserstadions hin und her und gibt infantile Schnalz- und Gurrlaute von sich. Die gelten „Digger“, der soeben auf dem Rasen dem Richter vortrabt – gespitze Öhrchen gehören zum schönen Bild halt dazu. In den Kellern des Stadions dagegen hat sich die Tierärztin Dr. Barbara Gröngröft eingerichtet: Sie ist für die großen und kleinen Wehwehchen der Vierbeiner zuständig, vom Kreislaufkollaps über den Tritt in die Scherbe bis zum Insektenstich. Und sie hat gut zu tun: Für die 2.000 Hunde bedeutet die Großveranstaltung Streß pur, „und das macht die Hunde anfällig für alle Krankheiten.“ Doch wenn diese trainierten Leistungshunde mit einem völlig desolaten Kreislauf zu ihr kämen – da kann man sich schon zusammenreimen, woher das kommt...“ Doch das Thema Doping wird noch nicht thematisiert: Dopingkontrollen sind nicht vorgeschrieben. „In dem Maße wie beim Pferdesport sind sie eigentlich auch nicht möglich, und man kommt da ganz schlecht ran“, sagt die Schäferhundspezialistin. Doch wenn der Hund ausgerechnet vor einer solchen Prüfung schlapp ist, „werden immer wieder solche Bitten an mich herangetragen“. Sie lehnt das ab, doch nach einer kurzen Rede ins Gewissen „gehen die Züchter halt zu einem anderen Tierarzt.“

Der Griff ins Maul und an die Ohren gehören für einen Richter ebenso dazu wie die Bewertung von Gebäude, Gangart und Wesen des Schäferhundes. Denn: „Wir wollen einen Gebrauchshund, der auch als Familienhund taugt.“ Solchermaßen auf Herz und Nieren geprüft, wurden gestern „Vanta von der Winerau“ und „Kimon van Dan Alhedy's Hoere“ zur Miß World und Mister Universum der Schäferhunde gekürt. skai