„Ein historischer Fehler“

■ US-Kongreß der USA nur widerwillig für Haiti-Invasion

Washington/Port-au-Prince (AP) – Nur widerwillig akzeptiert der Kongreß der USA die Pläne der Regierung von Präsident Bill Clinton für eine Invasion in Haiti. Der Abgeordnete Lee Hamilton sagte, das Parlament begleite dieses Planung „äußerst skeptisch“. Hamilton, der Clintons Demokratischer Partei angehörende Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im Repräsentantenhaus, sagte am Samstag dem Fernsehsender CNN, offenbar stehe eine von der Regierung befohlene Invasion in Haiti bald bevor. Die meisten Mitglieder des Kongresses hätten dazu zwar viele Zweifel, doch letzten Endes würden sie die Entscheidung akzeptieren.

Senator Richard Lugar von der Republikanischen Partei kritisierte die Äußerung des stellvertretenden Verteidigungsministers John Deutch, rund 10.000 amerikanische Soldaten und mehrere hundert Soldaten aus karibischen Staaten stünden für die Invasion bereit. Lugar sagte, Deutch hätte eine derartige Ankündigung unterlassen sollen: „Wenn wir jetzt nicht einmarschieren, wird die Regierung für unentschlossen gehalten. Wenn wir einmarschieren, wird es ein historischer Fehler sein.“

In der Dominikanischen Republik sind am Freitag die ersten Soldaten eingetroffen, die das UNO- Embargo gegen Haiti überwachen sollen. Das US-Verteidigungsministeriums teilte mit, 18 US-amerikanische, 14 kanadische und 15 argentinische Soldaten hätten ihre Stützpunkte an der 256 Kilometer langen Grenze bezogen. Die internationale Beobachtertruppe soll insgesamt 88 Mann umfassen. Ihr Kommandeur Oberst William McDonough sagte, bisher würden täglich schätzungsweise 150.000 bis 190.000 Liter Treibstoff über die Grenze nach Haiti geschmuggelt.

Angesichts der wegen des Embargos immer katastrophaler werdenden Lage in Haiti hat die Regierung dort am Samstag Maßnahmen zur Verhinderung eines völligen Zusammenbruchs der Wirtschaft angekündigt. Das Maßnahmepaket sieht unter anderem Steuermehreinnahmen und eine Verringerung der Staatsausgaben vor. Die Lebenshaltungskosten sind seit Mai regelrecht explodiert, ferner leidet die Landeswährung unter einem drastischen Wertverlust.

Unterdessen haben Menschenrechtler den USA Verrat an den Rechten Zehntausender Flüchtlinge aus Haiti und Kuba vorgeworfen. Washington wolle, daß sowohl der kubanische Staatschef Fidel Castro als auch der haitianische Machthaber Raoul Cedras gegen die Ausreisewilligen in ihren Ländern vorgingen, sagte am Freitag Kenneth Roth, Exekutivdirektor der Organisation Human Rights Watch. „Bei Kuba läuft es darauf hinaus, daß die USA die Regierung Castro zu einer schweren Menschenrechtsverletzung auffordern“, nur um ihre eigenen Probleme mit den Einwanderern zu lösen, sagte Roth. Im Fall Haitis hätten die USA Cedras zwar nicht offen ermutigt, gegen die Ausreisewilligen vorzugehen, sie seien aber erstaunlich still gewesen, als das Militär gegen Bürger eingeschritten sei.