„Arroganz, Ignoranz, Penetranz“

■ Im EU-Gründer-Staat Italien reagieren Politiker heftig auf die Einstufung des „Stiefels“ in die zweite Liga Europas

Silvio Berlusconi fiel, und das glauben ihm diesmal alle, „aus allen Wolken“. Gerade vor sechs Wochen war er in Deutschland gewesen, wenig hätte zum Händchenhalten mit „Helmut il Grande“ gefehlt – „und nun dieser Tiefschlag“. Der Ausschluß Italiens aus der obersten Liga der potentesten Nationen Europas durch die CDU-Fraktionsspitze erntet im Land südlich des Brenners vorwiegend bissige bis bösartige Kommentare. Italiens Außenminister Antonio Martino bezeichnet Schäubles Vorstoß noch recht milde als „dummes Wahlkampfmanöver“. Umschreibungen wie „Arroganz, Ignoranz, Penetranz“ sind dagegen der Haupttenor.

Finanz- und Haushaltsminister werten das Ganze unisono als „teutonische Großsprecherei“. Zumal, „wie jeder weiß“, nach den Maastrichter Kriterien Belgien „bei weitem schlechter wegkommt. Aber das sehen die Deutschen und Franzosen wohl schon als eine gemeinsame Provinz an“, so der Sprecher des außenpolitischen Ausschusses, Mirko Tremaglia von der Nationalen Allianz. Der ansonsten freilich zugibt, „daß wir ja in der Tat nicht gut dastehen. Nur, das ist die Schuld ebenjener Christdemokraten, die vorher regiert haben und in froher Mauschelei mit ihren deutschen Kollegen unser Land zugrunde gerichtet haben.“ Vorsichtiger äußern sich Gewerkschafts- und Unternehmervertreter. Für das Sekretariat des linken Gewerkschaftsdachverbandes CGIL zeigt sich wieder einmal das nicht ganz unberechtigte Mißtrauen, das jahrzehntelange Unzuverlässigkeit gesät hat. Unternehmersprecher Abete hält die Einstufung Italiens „nicht für eine Sollmarke, sondern eine Ist-Zustands-Beschreibung, der man bei den noch immer nicht ganz sanierten Finanzen auch schlecht widersprechen kann“.

Dagegen schlägt der Fraktionschef der Berlusconi-Formation Forza Italia, Della Valle, zurück: „Die Herabsetzung gerade durch Deutschland zeigt, daß die Maßnahmen der Berlusconi-Regierung greifen und den großen Wirtschaftsmächten bereits einen gewissen Schrecken vor ernsthafter Konkurrenz einjagen.“

So was hört Berlusconi natürlich gerne. Und so entwirft er in engerem Kreise bereits eine Gegenstrategie. „Devo parlare con uno che conosco io“ – „da muß ich mit einem reden, den ich da kenne“. Was in italienischer Metaphorik etwa heißt, daß „der“ dann den Kohl schnell zur Ordnung rufen wird. „Der eine“, so streuen jedenfalls die Vertrauten des Ministerpräsidenten, ist ein teurer Kollege Berlusconis – geschäftlich, versteht sich, nicht regierungsamtlich. Ihm gehört Kohls Leib-und-Magen- Sender Sat.1, und er heißt Leo Kirch. Werner Raith, Rom