Mit Cechov im Hirn zum Untergang

■ Theater in der Basilika: Flotte Premiere von „Gespräche mit Cechov“

Davon, daß Schizophrenie das Leben zumindest in künstlerischer Hinsicht durchaus bereichern kann, erzählt John Ford Noonans Zweipersonenstück Gespräche mit Cechov, das Freitag im Theater an der Basilika Premiere hatte. Der ewige Thema der Basilika: Paartanz um Liebe, Haß, Trennung und Hoffnung, wird hier aufgepeppt durch die wahnhafte Bindung der Hauptperson Jeremy an den großen russischen Schriftsteller Cechov, von dem der in jeder Hinsicht erfolglose Künstler kluge Ratschläge für alle Lebenslagen erhält.

Seit ihm Cechov das erste Mal im Traum begegnete, pflegt der schrullige Underdog eine spirituelle Männerfreundschaft mit seinem Vorbild. Als Jeremy eines Tages seine Exfreundin Marlene wiedertrifft, kann er die Hilfe eines Astralkörpers auch durchaus brauchen: die narzißtische Nymphomanin ist von seinem Geständnis, er habe ihre freudlose Beziehung in einem Theaterstück aufgearbeitet, restlos begeistert. Fortan treffen sie sich, um das Stück mit verteilten Rollen zu lesen und dabei von verdrängten Gefühlen eingeholt zu werden. Mit Hilfe einflußreicher Freunde hievt die Ex-Schauspielerin Marlene das Stück an den Broadway und verhilft sich durch die Darstellung ihrer eigenen Person zu neuem Ruhm, während Jeremy dem Wahnsinn verfällt.

Ralf Siebelt, der Noonans Stück flott und unterhaltend inszeniert, vermischt geschickt verschiedene Gefühlsebenen. Wenn Jeremy und Marlene auf der Parkbank Sätze aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit deklamieren, verwischen die Grenzen zwischen echten und gespielten Empfindungen.

Die beiden Darsteller Gunnar Dreßler und Sabine Ficher werden ihren exzentrischen Rollen mit einer Inbrunst gerecht, die vor allem bei der Aktrice hart an die Grenzen akustischer Emissionsschutzrichtwerte geht. Ihre Hochfrequenztöne sind bisweilen doch zu penetrant aus der Abteilung hysterische Zicke gegriffen. Darüber sieht man aber angesichts des wirklich fiesen Charakters gern hinweg; vielleicht verschwimmen auch hier die Grenzen zwischen Darstellung und Wirklichkeit.

Vera Schönfeld