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Kein Geld, keine Eheschließung?

■ Deutsch und nichtdeutsch und auch noch besitzlos: Heirat unerwünscht Von Sannah Koch

Was den meisten eine Selbstverständlichkeit, ist für manche schlicht unmöglich. Zum Beispiel mit einem Partner zusammenleben und ihn heiraten – eine Angelegenheit, die zum echten Problem wird, wenn einer von beiden aus einem anderen Land stammt oder einer von beiden über kein eigenes Einkommen verfügt. Wenn beides zusammenkommt, können die zwei möglicherweise gar nicht zusammenkommen.

Deutschland den Deutschen und den Zahlungskräftigen – Grenzen dicht für die anderen: deutsche Wirklichkeit, die die Hamburgerin Maria S. und der Ägypter Youssef H. derzeit am eigenen Leib erleben müssen. Sie haben sich vor über einem Jahr in der Hansestadt kennengelernt und festgestellt, daß sie sich zusammentun wollen. Leicht gedacht, schwer gemacht: Vor einem Jahr stellten die beiden einen Antrag auf Eheschließung. Damals schien es zunächst, als gelte es nur den behördlich verordneten Papierkrieg zu gewinnen.

Doch bevor ihnen das gelang, machte die deutsche Bürokatie ihren schönen Träumen den Garaus. Der Asylantrag von Youssef H., der drei Jahre in Hamburg gelebt hatte, wurde im Januar diesen Jahres abgelehnt. Der offiziell vorgetragene Wunsch der beiden, möglichst bald zu heiraten, half ihnen nicht – zwei Tage nach Eintreffen des Ablehnungsbescheids mußte sich der Ägypter zur Ausreise am Flughafen Fuhlsbüttel einfinden.

Das änderte jedoch nichts daran, daß die zwei weiterhin ihre Heirat betrieben. Über Tausende von Kilometern hinweg keine leichte Angelegenheit; nichtsdestotrotz gelang es den beiden schließlich, die geforderten Bescheinigungen zusammenzutragen. Im vergangenen Monat wurde Maria S. dann in der Hamburger Ausländerbehörde mitgeteilt, daß ihr Partner nur ein Einreise-Visum von der Deutschen Botschaft in Kairo ausgestellt bekäme, wenn er eine Einladung von ihr vorweisen könne. Was Maria S. jedoch nicht wußte: Mit einer Einladung verpflichtet sich die Gastgeberin gegenüber der Ausländerbehörde und der Auslandsvertretung, für die Kosten des Lebensunterhalts, der Wohnung und der Krankenversorgung des Ausländers aufzukommen. So steht es im Ausländergesetz geschrieben. Dafür muß die Einladende ihr Einkommen bei der Behörde offenlegen. Maria S. ist Sozialhilfeempfängerin.

Unterdessen ist der Termin vor dem Standesamt bereits auf den 21. September datiert. Doch am Donnerstag bekam Maria S. Post aus Kairo: Die Weigerung der Deutsche Botschaft, Youssef H. ein Visum auszustellen. Begründung: Ihre Sozialhilfe reiche als Garantie-Erklärung für die Kostenübernahme nicht aus.

Kein Geld, keine Liebe? Der Hamburger Rechtsanwalt Michael Böttcher hat das schon häufiger in seiner Kanzlei erlebt. „Schwer lösbare Fälle, Hamburgs Ausländerbehörde ist da hart“, so seine Erfahrung. Behörden-Sprecher Norbert Smekal: „Streng nach Gesetzestext kann die Einreise in einem Fall, in dem die Eheschließung noch nicht erfolgt ist, verweigert werden.“ In der Vergangenheit habe man aber oft eine Lösung gefunden. Und wenn Maria und Youssef keine gewährt wird? Michael Böttcher: „Dann müssen die beiden in Ägypten heiraten.“

Wo aber findet sich im Bundessozialhilfegesetz der Paragraph, der die Übernahme der Flugkosten für Maria S. vorsieht?

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