„Für alle eine Katastrophe“

■ Der erste Schultag: Planungschaos, vorläufige Stundenpläne und Angst vor der Versetzung

Chaos an den Bremer Schulen. Zum ersten Schultag wurde gestern den Bremer LehrerInnen der Offenbarungseid der Lehrerplanung eröffnet: Die meisten Schulen arbeiten nur mit provisorischen Stundentafeln, weil sie heute noch nicht wissen, wieviele LehrerInnen ihnen in zwei bis drei Wochen noch zur Verfügung stehen. Weil die Bildungsbehörde nicht in der Lage war, in den Ferien die genauen Bedarfszahlen festzulegen, dreht sich zu Beginn des Schuljahres das große Versetzungs- und Abordnungskarussell. Von der Sekundarstufe II (ab Klasse 11) und den Berufsschulen, wo rechnerisch zu viele LehrerInnen sind, soll Personal in die Sekundarstufe I abwandern, wo der Mangel herrscht. Ein Teil dieser Zahl wird aber von der Sek I direkt nach unten weitergereicht. In den Grundschulen fehlt wegen der geburtenstarken Jahrgänge reichlich Personal, dorthin sollen dann Sek I-LehrerInnen versetzt werden. Weil all diese Personalfragen erst so spät angegangen worden sind, herrscht nun an den Schulen heilloses Chaos. Marianne Isenberg vom Zentralelternbeirat: „Das ist für alle eine Katastrophe.“

Beispiel Schule an der Schaumburger Straße: Der Stundenplan war längst gemacht, da kam die Direktive, daß nun LehrerInnen in die Grundschule gehen sollen. In den kommenden zwei Wochen sollen Kollegium und Schulleitung entschieden haben. „Das hängt jetzt wie ein Damoklesschwert über uns“, sagt eine Lehrerin. Beispiel Schulzentrum am Waller Ring, immerhin eine Schule, die zweieinhalb Stellen bekommen soll. Auch hier wird von der Hand in den Mund geplant. Der Besetzngsplan gilt für die nächsten sechs Wochen. Dann geht ein Teil der Planung nochmal von vorne los.

Ursprünglich hatte die Behörde 220 LehrerInnen versetzen wollen; nach dem geharnischten öffentlichen Protest kam nach einem Einigungsgespräch zwischen Behördenspitze und Personalrat ein Kompromiß zustande: In diesem Schuljahr gibt die Sek I 23 Stellen an die Grundschule ab, erhält dafür aber von den gymnasialen Oberstufen 22 und von den Beruflichen Schulen 43 Stellen. Das Ergebnis wurde den Schulen eine gute Woche vor Beginn des neuen Schuljahres mitgeteilt.

„Daß es diesen Bedarf gibt, das war absehbar“, schimpft Elternvertreterin Isenberg. „Die haben mindestens ein Jahr verschlafen.“ Nie sei es zu klaren Regelungen gekommen, immer wieder seien befristete Abordnungen ausgesprochen worden. Nebenwirkung: Die LehrerInnen konnten immer wieder auf das Ende der Befristung hoffen konnten – zu Lasten der Kinder, beispielsweise in der Grundschule. Denn wer sich nur auf ein Jahr Tätigkeit einstellt, der muß sich nicht um Fortbildung bemühen. „Erhebliches Chaos“, ist auch das Fazit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nach dem ersten Schultag. Yasmina Wöbbekind vom GEW-Landesvorstand: „Das ist unglaublich, wie jetzt die Leute einfach so verschoben werden sollen.“ Unterdessen hat der Personalrat Schulen für den 15. 9. um 14 Uhr zu einer Personalversammlung für alle LehrerInnen im großen Uni-Hörsaal eingeladen. Mit dabei: Bildungssaatsrat Reinhard Hoffmann.

In der Bildungsbehörde war gestern Krisensitzung der Ressortspitze. „Die Behörde hat große Probleme, die nötigen Umsteuerungen auch umzusetzen“, gab Behördenvertreter Jürgen Holtermann zu. Doch die Verantwortung will er in seinem Haus allein auch nicht behalten. Schließlich sei es die Bildungsdeputation gewesen, die für die Verteilung von 150 Stellen auf die benachteiligten Stadtteile gut zwei Monate Zeit gebraucht hätten. Holtermann: „Auch da muß sich was ändern.“

J.G.