Zwei Sorten Dank für zwei Sorten Alliierte

■ Abgeordnetenhaus verabschiedet Westalliierte mit einem Festakt / Ehemaliger Bürgermeister Schütz: Präsenz der Westmächte war nicht selbstverständlich

Das Abgeordnetenhaus hat sich vor dem endgültigen Abzug der Westalliierten gestern feierlich von den Streitkräften der USA, Großbritanniens und Frankreichs verabschiedet. In einem Festakt im Preußischen Landtag dankten die Parlamentspräsidentin Hanna-Renate Laurien (CDU), der frühere Regierende Bürgermeister Klaus Schütz (SPD) und der jetzige Amtsinhaber Eberhard Diepgen (CDU) den Westmächten für ihre Verdienste um ein freies Berlin. Dank der Präsenz der drei „Schutzmächte“ in der geteilten Stadt hätten die Deutschen die Wiedergeburt eines „freien Vaterlandes“ nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt, sagte Parlamentspräsidentin Laurien. Sie erinnerte daran, daß die West-Berliner im Namen der Freiheit viele persönliche Belastungen auf sich genommen hätten.

Der SPD-Politiker Schütz, der von 1967 bis 1977 Regierender Bürgermeister von Berlin war, unterstrich, daß der Dank an die Westmächte ein anderer sei als der an die Sowjetunion. „Wir wissen sehr wohl, was die UdSSR für die Zerschlagung des Dritten Reiches tat“, sagte Schütz. Allerdings seien es die Westalliierten gewesen, die die Freiheit und Lebensfähigkeit West-Berlins erhalten hätten. Nach dem Krieg sei es keinesfalls selbstverständlich gewesen, daß Amerikaner, Briten und Franzosen mit der Präsenz in Berlin erneut lebensgefährliche Risiken auf sich genommen hätten.

Der Bau der Berliner Mauer 1961 hat, laut Schütz, „das erste und einzige Mal“ das Verhältnis zwischen den West-Berlinern und ihren „Schutzmächten“ erschüttert. Die Deutschen hätten damals gemeint, die Westalliierten hätten auf ihre Rechte gegenüber der Sowjetunion verzichtet. „Ich will politisch nichts mit denen gemein haben, die den Bau der Berliner Mauer rechtfertigen“, sagte Schütz. „Wir mußten die Mauer respektieren, aber hingenommen haben wir sie nie.“

Diepgen erklärte, daß die Bevölkerung den Abzug der Westalliierten mit „Wehmut“ sähen. Viele Berliner hätten die Präsenz der Schutzmächte als selbstverständlich hingenommen. Sie hätten das Gefühl, als ob gute Nachbarn fortzögen. Die Spree-Stadt müsse nun auf eigenen Beinen stehen. Ziel Berlins sei es, eine „moderne Metropole“ zu werden. Zum Abschluß verlieh Diepgen den letzten drei Truppenkommandeuren den Verdienstorden der Stadt. Morgen werden die Streitkräfte der Westmächte mit ganztägigen Feierlichkeiten aus Berlin verabschiedet. AFP