■ Lido-Kino
: TuttiFrutti

Während in Kairo der Religionskrieg tobt, zeigte man hier mit durchaus grabesernster Miene „Genesi – La Creazione“, seit Jahren die erste Bibelverfilmung, die sich aus dem Schneideraum wagt. Ein insgesamt lehmfarbener Film, mit zum Teil sizilianischer, mal krausköpfiger Besetzung, der die Sache von Anfang an bis zu ihrem bedenklichen Ende in Umweltverschmutzung, Korruption und Gemeinheit vorführt.

Erzähler ist ein weißbärtiger alter Nomade, sein Publikum besteht aus kleinen Kindern und jungen, noch formbaren Menschen, denen mitunter glitzernde katholische Tränen die Wangen hinabrannen. Leider muß man schon deshalb lachen, weil die vertrauten Wörter auf italienisch so lustig klingen: alle Früchte der Erde heißen ja nun mal tatsächlich tutti frutti! Da bleibt kein Auge trocken. Regisseur Ermanno Olmi war sich auch keineswegs zu schade, die Weltbevölkerungskonferenz in Kairo für die taz-Leserschaft zu kommentieren: „Dort wird doch das ganze Verhältnis vom Menschen zu den Ressourcen des Planeten auf das Problem der Abtreibung reduziert. Aber wo bleibt die Verantwortung des Individuums?“ Grübel, grübel.

Ungeniert weiter gelacht wurde dann in Woody Allens „Bullitts over Broadway“, einem shtickl aus den roaring twentys, mit einer wunderbaren Dianne West als Diva, die während des Films potentiellen Liebhabern im richtigen Moment mit geschlossenen Augen den Mund zuhält und „Don't talk“ hervorstößt, auch wenn die eigentlich etwas ganz Profanes erzählen wollten. Ein mittelmäßiger Stückeschreiber muß sich das Geld für sein nächstes Broadway Play bei der Mafia erbetteln, die ihm dafür die Schickse des Paten aufs Auge drückt, die gewiß hübsche Schühchen trägt, aber keineswegs schauspielern kann. Damit ihr auch kein Leid geschieht, wohnt den Proben ein sinister dreinblickender Herr bei, der „Cheech“ heißt und mit Schußwaffen droht, wenn die Rolle der Schickse verkleinert wird. „Okay, okay!“ Ängstlich kommt man ihm entgegen und stellt fest, daß der Mann in seinem Ganovenhirn recht gute Ideen für so ein Stück hat, und so wird er nach und nach zum Autor ...

Nicht einmal mehr lustig war hingegen ein kürzerer Film von Wim Wenders, um den man sich langsam offenbar wirklich ernsthafte Sorgen machen muß. Gesponsert von Toyota, zeigt der Film eine Russin, die mit ihrer Tochter durch Berlin gurkt und unterwegs nicht nur Rüdiger Vogler im Fell eines Berliner Bären, sondern auch den Meister selbst im Fell eines Weihnachtsmanns mit Videokamera („Ich beschäftige mich mit der Realität aus zweiter Hand“) und eine kleine Vietnamesenfamilie aufliest. Gemeinsam singen sie ein Lied, während Alisha an einem Roman über das Land der heiligen Dinge schreibt, das leider schon vor langer Zeit untergegangen ist.

Inzwischen sind auch die ersten Serialkiller in Venedig gelandet. Latent religiös ist der kanadische Regisseur Dennys Arcand auch immer gewesen, dessen „Jesus von Montreal“ komischerweise aber dennoch erträglich war. Hier nun hat er einen Film mitgebracht, der „Love and human remain“ heißt und sich hauptsächlich um ein Paar dreht, den kellnernden Ex-Schauspieler David und seine Frau Candy, die Bücher rezensiert. David ist relativ schwul, und Candy weiß nicht so genau, wo sie sexuell steht; und so werden sie von anderen Leuten wie Satelliten umkreist, während der Serialkiller, ohne den heute ja nichts mehr geht, sein sogenanntes Unwesen treibt.

Über die realexistierenden Serialkiller aus Makedonien, die in Milcho Manschevskis „Before the rain“ auf albanische Nachbarn schießen, später mehr. Mariam Niroumand