■ Das Bafög liegt auf Eis
: Stammtisch gegen Studis

Um vier Prozent nur sollte das Bafög steigen, das die CDU/CSU-Fraktion offenbar als eine Art Bakschisch für die luxurierende Klasse der Studenten ansieht. Nun haben sie dem ungeliebten Nachwuchs die Brosamen kurzerhand wieder entzogen. Die vier Prozent waren ja bereits ein Kompromiß und wurden im Vermittlungsausschuß zwischen Bund und Ländern, das heißt zwischen CDU und SPD, bereits abgesegnet. Offenbar hatten sich die „schwarzen“ Bundestagsabgeordneten von den Argumenten der leicht geröteten Länder erweichen lassen. Die SPD verlangte eine Steigerung um sechs Prozent, um den Anstieg der Lebenshaltungskosten zu kompensieren. Diese Argumentation wurde von den meisten unionsregierten Ländern mitgetragen. Der Vier-Prozent-Kompromiß im Vermittlungsausschuß fiel einstimmig.

Aber daraus wird nun doch nichts. Denn die Marketing-Manager der CDU/CSU-Fraktion sehen die Sache anders. „Es paßt nicht in die politische Landschaft“, so Theo Waigel, den Studenten mehr zu geben als den Arbeitnehmern. Nun stimmt das Argument nicht, wie der RCDS, der Studentenverein der CDU, dankenswerterweise gleich richtigstellte: Bafög-Empfänger nämlich mußten, seit es dieses Gesetz gibt, einen Kaufkraftverlust von zwanzig Prozent hinnehmen. Nicht zu reden von all jenen, die aus der Förderung herausfielen, weil die Eltern über der Einkommensmarge liegen. In diesem sogenannten Mittelstandsloch verschwindet inzwischen die Mehrheit der StudentInnen. Und noch etwas: Von den jährlich 1,5 Milliarden Mark Bafög zahlt der Staat nur noch ein Drittel. Denn der größte Teil wird ja als Kredit ausgezahlt. Im letzten Jahr ist eine stolze Milliarde Mark an den Staat zurückgeflossen.

Nein, die Argumente sind klar. CDU/CSU geht es jetzt um etwas anderes: Dem Stammtisch wird aus Bonn ein geschmettertes Echo geschickt. Beim Bier glaubt man ja immer noch, Bafög sei Benzingeld für Langhaarige, die einem die Parkplätze wegnehmen.

Deutschland hat traditionell ein verqueres Verhältnis zu seinen Eliten. Dem Konflikt mit denen oben wird hier lieber ausgewichen. Im Ressentiment gegen Studenten schafft sich die unterdrückte Auseinandersetzung verzerrten Ersatz. Eine längst nicht mehr zeitgemäße Pose, denn Studieren in Deutschland ist ja alles andere als eine elitäre Beschäftigung. Aber wie soll man die mittlerweile suizidale Vernachlässigung der Hochschulen in diesem Land anders interpretieren denn als verquere Rache der Normalos an den Eliten? Reinhard Kahl