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Volker Rühe trudelt um den Jäger 90

■ Verteidigungsminister nennt im Verteidigungsausschuß vorsichtshalber gar keine Zahlen zu dem Milliardenvogel mehr / SPD spricht von „gewaltigem Schwindel“

Bonn (taz) – Bundesverteidigungsminister Volker Rühe (CDU) trägt offensichtlich zu schwer an der Verantwortung für die Beschaffung des milliardenschweren Jagdflugzeuges „Eurofighter“.

Nach seinem Auftritt vor dem Verteidigungsausschuß erklärte Rühe gestern die Abgeordneten und sich selbst für inkompetent. Bei der Beurteilung der Qualität des Flugzeuges müsse er sich auf die Auskünfte von Fachleuten verlassen: „Für mich ist der Chef der Luftwaffe verantwortlich.“ Die Verantwortung schob Rühe so einem Offizier zu, der sie bald mit in den Ruhestand nehmen wird: Luftwaffeninspekteur Hans-Jörg Kuebart wird am 1. Oktober pensioniert. Die mangelnde Qualität des von der Hardthöhe als Jagdflugzeug einer neuen Generation gepriesenen Projekts ist einer der Hauptkritikpunkte der SPD-Opposition. Rühe konnte die Sozialdemokraten gestern auch nicht davon überzeugen, daß der Stückpreis des Fliegers bei nur 90 Millionen Mark liegen wird. Rühe habe dem Ausschuß gar keine konkreten Zahlen über den Finanzbedarf vorgelegt, kritisierte SPD-Verteidigungsexperte Walter Kolbow.

Auch Rühes Antwort auf die Frage, wo die „verschwundenen“ 700 Millionen Mark Entwicklungskosten abgeblieben seien, fiel nicht befriedigend aus. Die SPD erklärte nach dem Auftritt, das Flugzeug dürfe nicht beschafft werden. „Wir haben erlebt, daß ein gewaltiger Schwindel aufgelegt wird“, sagte Kolbow.

Der Bundesrechnungshof hatte den Stückpreis der Kampfmaschine vor wenigen Wochen auf 150 Millionen Mark berechnet. Vor der Presse nannte Minister Rühe gestern vorsichtshalber gar keine konkreten Zahlen mehr, sondern verwies auf die politische Notwendigkeit, ein eigenes europäisches Jagdflugzeug zu bauen. Der Kauf russischer oder chinesischer Maschinen komme nicht in Frage.

Rühe zeigte sich gestern aber bemüht, die SPD-Opposition doch noch einzubinden: Es gebe „auch viele Sozialdemokraten, die an der Entwicklung des Eurofighters mitarbeiten“, sagte er und verwies auf das Engagement des niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder (SPD) zugunsten von Arbeitsplätzen im Bereich der militärischen Luftfahrt.

Der FDP-Verteidigungsexperte Jürgen Koppelin warf der SPD einen „Schmusekurs“ mit Rühe vor. So werde verhindert, daß die wahren Kosten auf den Tisch kämen.

Gestern nachmittag wollte der Bundesrechnungshof dem Ausschuß seine Kritik an dem Kostenplan der Hardthöhe erläutern. Hans Monath

Kommentar Seite 10

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