Sonderschulen oder Förderzentren?

■ „Hemelinger Modell“ gestrichen - Sparkurs bei Grundschulen

Dicke weiße Ytong-Steine verhinderten gestern in der Grundschule Brinkmannstraße in Hemelingen, daß dort Kinder in ihre Schule kamen. Alle fünf Grundschulen des „Hemelinger Modells“ beteiligten sich an der Unterrichtsverhinderung. Die SchulelternsprecherInnen hatten zu dieser Aktion aufgerufen.

Hinter dem „Hemelinger Modell“ verbirgt sich ein pädagogisches Konzept, das die individuelle Förderung solcher SchülerInnen an der Grundschule vorsieht, die Lern- oder Entwicklungsstörungen haben. Das Besondere daran ist, daß die SchülerInnen nicht mehr gleich in die Sonderschule gesteckt werden. Stattdessen kommen SonderschullehrerInnen an die Grundschulen und halten dort speziellen Förderunterricht ab.

Die fünf Grundschulen im Bremer Osten arbeiten bereits seit zehn Jahren so mit der Sonderschule Dudweiler Straße zusammen. In den Anfängen standen für diesen Sonderunterricht 65 Stunden für alle fünf Schulen zur Verfügung, mittlerweile wurde das Modell auf 28 Stunden zusammengestrichen. „Das ist natürlich viel zu wenig, die Kinder können nicht mehr ausreichend gefördert werden“, sagt Catharina de Boer, Elternsprecherin der Schule Brinkmannstraße. Die Eltern befürchten, daß wieder mehr SchülerInnen in die Sonderschule abrutschen, weil die GrundschullehrerInnen die besondere individuelle Förderung im normalen Unterricht nicht leisten können.

„Es gibt keinen pädagogischen Grund, das Modell aufzugeben. Wir fordern die Wiederaufstockung des Hemelinger Modells auf 65 Unterrichtsstunden“, erklärt de Boer.

Mit dieser Forderung liegen die Eltern eigentlich im Trend, denn der Bildungssenator will die Sonderschulen in Bremen ganz abschaffen. Schon im nächsten Jahr soll es soweit sein.

In Bremen-Nord gibt es seit diesem Schuljahr keine Sonderschule mehr, alle Kinder gehen in die Grundschule und sollen dort ihren speziellen Förderunterricht („Förderzentren“) bekommen. Birgitt Rambalski, Sprecherin des Bildungssenators, wehrt sich gegen den Vorwurf, dahinter verberge sich eine weitere Sparmaßnahme: „Dieses Projekt wird rein aus pädagogischen Überlegungen eingeführt. Wir müssen davon wegkommen, die Kinder zu stigmatisieren, es gibt dann einfach keine Sonderschüler mehr.“

„Wir sind ja gar nicht gegen ein Förderzentrum“, sagt Elternvertreterin de Boer, „wir verstehen nur nicht, warum das Hemelinger Modell erst zu Grabe getragen werden muß, wenn erst ein Jahr später etwas Neues entstehen soll.“ Skeptisch ist sie, ob die Förderzentren dann wirklich eingeführt werden: „Mit schönen Worten haben wir einfach schlechte Erfahrungen gemacht, die Realität besteht in Einsparungen.“ kaz