■ Linsen Soufflé
: Betonköpfe, Hasenfüße und die Macht des Kritikers

Am 29. September startet bei uns „Das Kartell“, die Verfilmung eines Romans des strammen Rechtsaußen Tom („Waffen sind besser als Sex“) Clancy. Das Buch heißt übrigens auf deutsch „Der Schattenkrieg“, im Original „Clear and Present Danger“. Die Romanvorlage (der US-Präsident schickt die Navy und die Air Force nach Kolumbien, um mal ordentlich aufzuräumen) mußte natürlich entschärft werden – faschistische Propagandafilme lassen sich heutzutage nicht allzugut verkaufen. Nachdem das Drehbuch den Weichspülgang durchlaufen hatte, war auch Harrison Ford wieder bereit, den CIA- Analytiker Jack Ryan zu spielen.

Schon während der Dreharbeiten von „Jagd auf Roter Oktober“, der ersten Adaption eines Clancy-Machwerks, hatte es Ärger zwischen Ronald Reagans Lieblingsautor und der Paramount gegeben. Auch damals war die Lautstärke von Clancys patriotischem Potenzgeschrei stark heruntergedreht worden, aus dem Russen-Verächter Ramius war im Film ein pflaumenweicher Friedensapostel, gespielt von Sean Connery, geworden. Betonkopf Clancy tobte. Doch das US-Einspielergebnis von 130 Mio. Dollar beruhigte ihn wieder, und er gab der Paramount sein Einverständnis für zwei weitere Romanverfilmungen. Am Set von „Die Stunde der Patrioten“ kam es dann zum Eklat. Philip Noyces Interpretation des erzreaktionären Buches gefiel Clancy („Ich wäre ein guter Panzerkommandant geworden – ich habe alles über Rommel gelesen“) überhaupt nicht. Aber Superstar Harrison Ford wollte den Jack Ryan nur spielen, wenn dieser halbwegs menschliche Züge bekommen würde. Die bekam er dann auch, und zwar überdeutlich, die Geschichte allerdings nicht. Trotzdem verließ Clancy wutschnaubend die Paramount und weigerte sich, die Filmrechte an „Das Echo aller Furcht“ (Terroristen zünden während der Superbowl im Footballstadion eine Atombombe) zu verkaufen.

Joseph McBride besprach damals „Die Stunde der Patrioten“ für den Daily Variety. Er beschrieb den Film völlig zu Recht als eine „rechtslastige Karikatur der gegenwärtigen politischen Lage in Nordirland“, die „für die britischen Besatzungstruppen und ihre CIA-Alliierten Partei ergreift“. Noyces Regiearbeit nannte er „lachhaft“. Sofort stellte Paramount alle Werbung in diesem Blatt ein. Peter Bart, der hasenfüßige Herausgeber, schickte daraufhin ein Entschuldigungsschreiben ans beleidigte Studio, in dem er hoch und heilig versprach, daß McBride (er arbeitete seit fast 20 Jahren als Filmkritiker beim Daily Variety) in Zukunft keine weiteren Paramount-Filme mehr besprechen würde. McBride wurde dazu verdonnert, Kinderfilme zu rezensieren. Er kündigte. Paramount schaltete wieder Anzeigen. Soviel zur Macht des Kritikers.

Tom – Kill 'em all – Clancys neuer Roman „Without Remorse“ steht gerade auf Platz zwei der US-Bestsellerlisten, und „Clear and Present Danger“ hat Platz zehn der Taschenbuch-Verkaufscharts erreicht. Was der „lachhafte“ Philip Noyce aus der Geschichte gemacht hat und wieviel Kritiker diesmal dran glauben mußten, lesen Sie demnächst in diesem Blatt. Karl Wegmann