Kampf der Cocaleros

■ betr.: „Marsch für Koka, Würde und Leben“, taz vom 3.9.1994

Nach wie vor ist die „drogenfreie Gesellschaft“ das erklärte Ziel des „war on drugs“ der US- wie der BRD-Regierung. In Bolivien wird gerade demonstriert, mit welchen Mitteln diese Art von „Freiheit“ hergestellt wird: Massiver Einsatz von Militärs, Hubschraubern, Tränengas, willkürliche Präventivhaft gegen Bauernführer. Die bolivianische Regierung legt gegenüber der Weltöffentlichkeit Wert darauf, daß im Lande alles in Ordnung sei: kein Grund zur Aufmerksamkeit.

Warum der ganze Zauber? Die CocabauerInnen führen, mit Unterstützung der COB, des Dachverbandes der bolivianischen Gewerkschaften, friedliche Demonstrationen durch, die sie selbst als „Marsch für Coca, Würde und Leben“ auf die De-facto-Hauptstadt La Paz planen. Der massive militärisch-polizeistaatliche Durchgriff, die über 50 präventiven Verhaftungen, richten sich also gegen den zivilen Protest einer Berufsgruppe, deren Lebensunterhalt zugunsten einer moralischen Drogenfreiheitsideologie der westlichen Industriestaaten kriminalisiert und brutal bekämpft wird.

Coca ist nicht nur jenes Produkt, für das auf dem Weltmarkt der höchste Preis bezahlt wird, sondern auch das traditionelle Hauptnahrungsmittel der Andenregion: 90 Prozent ihrer BewohnerInnen nehmen die nicht zu Kokain verarbeiteten Coca-Blätter regelmäßig zu sich.

Auf die skizzierten autoritären Verhaltensweisen sind alle Regierungen Südamerikas angewiesen, solange die USA diesen Kontinent zu ihrem Hinterhof erklärt haben: Ohne Repression gegen den Coca- Anbau ist nichts los mit wirtschaftlicher Hilfe oder Zusammenarbeit. Die Weltbank hat analog dazu die Bekämpfung des Anbaus zum Kriterium entwicklungspolitischer Förderungswürdigkeit gemacht. Die Bundesregierung hat für diese Zusammenhänge nicht ein Wort der Kritik übrig, im Gegenteil: In freundlicher Anlehnung an das ideologische Vokabular Clintons und seiner Vorgänger nennt sie ihr drogenpolitisches Programm „Nationaler Rauschgiftbekämpfungsplan“.

Der Bundesarbeitskreis Drogen der JungdemokratInnen/Junge Linke fordert die sofortige Freigabe der Produktion und des Gebrauchs aller Drogen als Voraussetzung eines anderen, nicht warenförmigen Umgangs mit ihnen. Vor diesem Hintergrund und in Kontinuität seiner Gegnerschaft zum US-Imperialismus, den die kapitalistische Staatenwelt offensiv toleriert, solidarisiert er sich mit dem Kampf der Cocaleros. [...] Lambert Heller, Referent d. Bundesarbeitskreises Drogen

der JungdemokratInnnen/

Junge Linke