Angst vor dem Durst

■ Nordrhein-westfälische Brauer weiten ihren Tarifstreik aus

Berlin (taz) – Krieg herrscht in Deutschland, die Menschen im Lande hamstern. Der „Bierkrieg“ ist ausgebrochen, liest man, und: „Der große Durst rückt näher.“ Der erste flächendeckende Streik der Brauindustrie berührt die Herzen der Menschen – und Bild fühlt (siehe oben) mit.

Neue Schreckensnachrichten erreichen uns aus dem Streikgebiet in Nordrhein-Westfalen: Die Gewerkschaft hat den Tarifkonflikt für die etwa 8.000 Beschäftigten der dortigen Brauindustrie verschärft. Gestern rief sie ihre Mitglieder in acht weiteren Brauereien auf, die Arbeit niederzulegen. Dabei streiken bereits sechs Brauereien mit 2.300 Beschäftigten, 2.000 kommen nun dazu. Kein Diebels Alt, kein Herforder, nun auch kein Hannen Alt mehr. Für den Sprecher der Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten, Micha Heilmann, ist der Streik ein reiner Abwehrkampf: „Wir wollen einen Inflationsausgleich und beschäftigungssichernde Maßnahmen. Die Arbeitgeber wollen mit uns aber nur reden, wenn wir so deutliche Eingriffe in den Tarifvertrag zulassen, daß letztlich doch rauskommt: Runter mit dem Tarifniveau.“ Die Arbeitgeber drohen inzwischen mit Aussperrung und werfen der Gewerkschaft mangelnde Flexibilität bei den Arbeitszeitregelungen vor. Heute fällen sie ihre Entscheidung. Die Gewerkschaft läßt sie wissen: „Wir lassen uns nicht einschüchtern!“

Ist die Angst vor dem Biernotstand berechtigt? 60 Brauereien gibt es in der streikenden Tarifregion, die nicht mal das ganze Bundesland umfaßt, 14 davon befinden sich im Ausstand. Eine Ausweitung auf andere Bundesländer ist ausgeschlossen. Trotzdem, keine Entwarnung: „Sehen Sie, viele Biertrinker sind ja auf bestimmte Marken abonniert. Ab Anfang nächster Woche könnte es bei manchen Händlern oder Kneipen schon eng werden mit der Lieblingsmarke“, erzählt Micha Heilmann. Anja Kaatz