■ Kaum zu glauben
: Endlich Aus für Barbiturate

Die Zulassung für Barbiturat-haltige Schlaf- und Beruhigungsmittel soll endlich widerrufen werden. Dies teilte das inzwischen aufgelöste Bundesgesundheitsamt (BGA) mit.

Die staatliche Arzneimittelüberwachung reagierte damit auf Kritik, die seit Jahren an diesen Medikamenten geübt wird. Schon 1989 schrieb das unabhängige Arznei-Telegramm: „Die Ära der Barbiturat-Schlafmittel ist nach mehr als 80jähriger Anwendung vorüber. Die andauernde Marktpräsenz muß als Zeichen mangelnder staatlicher Arzneimittelaufsicht gesehen werden.“ Der Medikamentenführer „Bittere Pillen“ sieht bei diesen Präparaten im Vergleich zu anderen Schlaf- und Beruhigungsmitteln nur Nachteile: höhere Vergiftungsgefahr, Störung des Traumschlafes mit psychischen Folgen, noch größere Suchtgefahr und erhebliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneien.

In der Mitteilung des BGA wird auch von möglichen tumorverstärkenden und fruchtschädigenden Effekten gesprochen. Für den Arzt Wolfgang Becker-Brüser vom Institut für Arzneimittelinformation kommt der Widerruf viel zu spät: „Das hätte schon vor zehn Jahren gemacht werden können.“

Pharma-Firmen sind da allerdings anderer Meinung. Auf ihr Beruhigungsmittel Bellergal angesprochen, schreibt die Sandoz AG: „Es ist ein wirksames und gut verträgliches Präparat. Nach unseren Unterlagen hat es ein überschaubares und geringes Nebenwirkungsrisiko.“ Auch UCB, Hersteller von Vesparax mite, gibt sich uneinsichtig: Das Produkt sei nach wie vor zugelassen und von dem BGA-Aufruf nicht betroffen. Die Nachfolgebehörde widerspricht: Die Zulassung des Präparats sei seit April 1993 erloschen. Die Restbestände dürften nur noch so lange verkauft werden, bis der Widerruf in Kraft tritt. mok