: Am Kern festgehalten
■ Schäuble verteidigt Europa-Thesen / Großbritannien und Italien dagegen
Bonn/Brüssel (AFP) – CDU/ CSU-Fraktionschef und Innenminister Wolfgang Schäuble hat gestern versucht, die Wogen im Streit um das von ihm vorgeschlagene „Kerneuropa“ zu glätten, ohne jedoch einzelne Thesen des umstrittenen Europapapiers seiner Fraktion zurückzunehmen. Für Wirbel hatte in den vergangenen Tagen vor allem die Tatsache gesorgt, daß in dem CDU/CSU-Papier die künftigen Mitglieder eines „harten Kerns“ in Europa mit Deutschland, Frankreich und den Beneluxländern namentlich benannt werden. Dies hatte besonders die italienische Regierung erbost.
„Ich sage noch einmal, wir wollen ja niemanden rausdrängen“, erklärte Schäuble im Deutschlandfunk. Auch die Beitrittsländer Österreich, Norwegen, Schweden und Finnland seien „herzlich eingeladen“, sich an einem „Kerneuropa“ zu beteiligen. Die österreichische Europa-Staatssekretärin Brigitte Ederer befürchtete gestern, die von der CDU/CSU losgetretene Debatte könne sich negativ auf die Beitrittsreferenden in den nordeuropäischen Ländern auswirken. Den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Europathesen begründete Schäuble im Deutschlandfunk mit dem „Beginn einer neuen Legislaturperiode des Europäischen Parlaments“.
Der italienische Außenminister Antonio Martino sagte der BBC, er stehe in der Debatte auf der Seite Großbritanniens. „Das Modell eines Europas der zwei Geschwindigkeiten oder einer variablen Geometrie würde kein einiges Europa schaffen, sondern das spalten, was wir bereits geschaffen haben“, sagte er.
Der englische Premier Major hatte am Mittwoch abend erklärt, er halte ein „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ für gefährlich. Es dürfe keinen „harten Kern von Ländern“ geben, der andere ausschließe. Die Vorstellung eines Europa, in dem „einige gleicher sind als die anderen“, lehne er ab. Eine flexible Struktur halte er dagegen für sinnvoll. „Freiwillig nicht teilzunehmen ist eine Sache, daran gehindert zu werden eine andere“, betonte der britische Premier.
Debatte Seite 10
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