Prügel-Polizisten strafversetzt

■ Erste Konsequenzen im Polizei-Skandal / Hackmann handelt halbherzig /Hardraht rüffelt Justiz / Dialle D. darf hoffen Von Kai von Appen

Die beiden Prügelpolizisten vom Revier 16 in der Lerchenstraße auf St. Pauli, die den Senegalesen Dialle D. zusammengeschlagen haben, sind gestern von Innensenator Werner Hackmann strafversetzt worden. Auch Justizsenator Klaus Hardrath hat sich wegen vermuteter Mauschelei in der Staatsanwaltschaft in die Affäre eingeschaltet.

Dialle D. war am Abend des 15. Januar am Neuen Pferdemarkt von zwei Männern verprügelt worden, weil er eine Mütze „Gebt Nazis keine Chance!“ getragen hatte. Die beiden Täter entpuppten sich als Polizisten der Wache 16 auf Freizeitbummel (taz berichtete). Doch es kam nie zum Prozeß, die Staatsanwaltschaft wickelte das Verfahren klammheimlich per Strafbefehl über 5400 Mark (90 Tagessätze á 60 Mark) ab. Die Ausländerbehörde versuchte derweil, den seit zehn Jahren in Hamburg lebenden Dialle D. abzuschieben.

„Aufgrund des taz-Berichts hat sich Innensenator Hackmann sofort die Ermittlungsakten kommen lassen“, so Innenbehördensprecher Peter Kelch gestern: „Beim Studium der Akten wurde erst das Ausmaß deutlich. Heute ist dann die Entscheidung gefallen, die beiden Beamten zu versetzen.“ Wohin die beiden Schläger kommen, ist noch unklar. Kelch: „Auf jeden Fall weg von der Wache 16 und nicht zur Davidwache.“

In einem Interview auf der NDR-Hamburg-Welle erklärte der Innensenator gestern, daß er für eine Suspendierung der Täter „keine rechtliche Handhabe“ sehe. Überdies laufe gegen beide ein Disziplinarverfahren. Offenbar fühlt sich Hackmann vom zuständigen Polizeidirektions-Chef Richard Peters hintergangen. Pressesprecher Kelch: „Herr Hackmann war zu keinem Zeitpunkt über diesen Vorfall informiert.“ Bei gravierenden Vorfällen, so Kelch, auch wenn sie sich in der Freizeit ereignen, hätte der Senator jedoch informiert werden müssen. Für Mittwoch hat Hackmann Peters sowie den Leiter der Revierwache 16 zum Rapport zitiert.

Einen schweren Rüffel hat gestern auch Justizsenator Klaus Hardrath der Staatsanwaltschaft erteilt. „Die Justizbehörde ist über den Erlaß eines Strafbefehls nicht unterrichtet worden“, so sein Sprecher Jürgen Weinert. „Die Justizbehörde hätte auf jeden Fall unterrichtet werden müssen, da es sich nicht um den ersten Vorwurf von Körperverletzungsdelikten durch Polizeibeamte in letzter Zeit handelt.“

In der Tat: In den vergangenen Jahren sind allein gegen Beamte des Lerchenstraßen-Reviers 130 Strafanzeigen gestellt worden. Weinert: „Zur Klarstellung hat die Justizbehörde heute angeordnet, daß von der Staatsanwaltschaft sämtliche Anzeigen gegen Bedienstete im Bereich der Strafverfolgung der Justizbehörde zugeleitet werden.“

Ob die Staatsanwaltschaft pflichtwidrig gehandelt hat, werde derzeit „mit Nachdruck geprüft“, so Weinert. Die Akten seien erst gestern eingetroffen. Sollte die Behörde zu dem Schluß kommen, daß das Verfahren wegen des öffentlichen Interesses in öffentlicher Hauptverhandlung hätte abgewickelt werden müssen, dann werde das Verhalten „Konsequenzen“ haben.

Justizsenator Klaus Hardrath erklärte dazu: „Wenn es zu Vorwürfen strafbarer Handlungen gegen Polizeibeamte kommt, hat die Justiz und Staatsanwaltschaft zur Erhaltung des Vertrauens der Bürger für schnelle, effektive und rückhaltslose Aufklärung Sorge zu tragen.“

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