Vom Osten dazulernen

■ IG-Metall will Wirtschaft, Politik und ArbeitnehmerInnen an einen Tisch bringen / Auffanggesellscha gegen Arbeitslosigkeit

Die Gewerkschaften stehen mit dem Rücken zur Wand. In der BRD gibt es nach realistischen Einschätzungen sechs Millonen Arbeitslose, in Bremen sollen es nach offiziellen Angaben 40.000 sein. Doch allein die IG-Metall Bremen zählt in ihrem Einzugsgebiet Bremen und Bremerhaven in den vergangenen eineinhalb Jahren rund 10.000 abgebaute Arbeitsplätze. Sozial- und wirtschaftspolitisch ist das eine Katastrophe. Doch auch den Gewerkschaften gehen dadurch Mitgliedsbeiträge flöten, ihr Einfluß in den Betrieben schwindet.

Grund genug, sich um arbeitsmarktpolitische Veränderungen zu kümmern und starre Denkmuster aufzubrechen. „Wir müssen neue Formen der Zusammenarbeit von Staat, Wirtschaft und Gewerkschaft finden“, meint Manfred Muster, erster Bevollmächtigter der IG-Metall Bremen. Gestern hat die Gewerkschaft deswegen eine Veranstaltungsreihe begonnen, zu der neben rund 50 Betriebsräten aus dem Land Bremen auch Sabine Uhl, Senatorin für Arbeit und Frauen, gekommen war . „Alternativen zu Entlassungen – Präventive Beschäftigungspolitik in Bremen“ stand im Clara-Zetkin-Saal des DGB-Hauses auf dem Programm.

Als ein Mittel gegen noch mehr Arbeitslose preisen die Gewerkschaften die in den neuen Bundesländern (NBL) erprobten Auffanggesellschaften an. In diesen vom Staat geförderten Konstrukten werden entlassene ArbeitnehmerInnen weiterbeschäftigt und – viel wichtiger – weitergeschult. Denn nur durch eine höhere Qualifizierung können ArbeitnehmerInnen auf dem mehr und mehr spezialisierten Arbeitsmarkt bestehen.

Auffanggesellschaften haben „in den NBL dazu beigetragen, Massenentlassungen abzufedern“, meint Bernd-Georg Spies, Geschäftsführer der Trägergesellschaft Schiffbau Rostock. Neue wirtschaftliche Impulse seien in den jeweiligen Regionen von ihnen ausgelöst worden. Mit Geldern aus einem staatlich subventionierten „25-Millionen-Mark-Innovationsfond“ wurden 10.000 ArbeitnehmerInnen „weiterqualifiziert“ und Arbeitsplätze in bestehenden Unternehmen geschaffen.

Als unternehmerisch innovativ galten auch die Neugründungen von „industriellen Unternehmen und produktionsnahen Dienstleistungen“. In Managementkreisen heißt sowas „outsourcen“, dient normalerweise der Gewinnoptimierung der Muttergesellschaft und geht de facto mit Arbeitsplatzabbau einher. Produktionsbereiche werden gern in Billiglohnländer wie Polen, Ungarn oder Tschechien ausgelagert.

Da billige industrielle Massenfertigung in der BRD langfristig keine Zukunft hat, verbleibt im Lande vorerst nur die Möglichkeit, durch hochqualifizierte Produkte und Dienstleistungen, Arbeit zu erhalten und zu schaffen. In Mecklenburg-Vorpommern sollen daher insgesamt „500 langfristig wirtschaftlich tragfähige Arbeitsplätze geschaffen werden“, sagt Spies. Zusammen mit der Volkswerft Stralsund (einer Tochter des Bremer Vulkan) und der dortigen Fachhochschule wird an einem „Anwendungsprojekt Wasserstofftechnologie“ gearbeitet, in Warnemünde bemüht sich Spies um „maritime Forschungsaufträge“. Staatlich subventioniert glückte dort, worum sich Bremen verzweifelt bemüht: Eine Zusammenarbeit von Wirtschaft und Universitäten zur Arbeitsplatzsicherung. „Eine intelligentere Lösung, als der Sozialplan“, meint Spies

Eine Auffanggesellschaft sichert auch den 160 Beschäftigten der Innovations- und Qualifizierungsgesellschaft in der Dasa Wedel Lohn und Brot. Die Gesellschaft bietet umfangreiche Weiterbildungen in der Betriebswirtschaft und fördert die Existenzgründung ihrer ehemaligen Mitarbeiter. „Wir verstehen uns als Schnittstelle zum regionalen Arbeitsmarkt“, sagt Geschäftsführerin Ulrike Bohnenkamp. Mit Marktanalysen soll den ehemaligen Ingenieuren auf die Sprünge geholfen werden. „In dem Bereich können wir vom Osten lernen, aber nicht alles nahtlos übernehmen“, meint Bohnenkamp. fok