■ Straßmanns kleine Warenkunde
: Der Unterarmstein

Wenn das so weitergeht, geht bald die Deo-Industrie über die Wupper. Aber so geht es nicht weiter. Denn die Menschen wollen einen Geruch haben.

Es gibt nämlich einen Deostift, der ist kein Deo und kein Stift, sondern ein Stein. Macht man ihn naß und wühlt etwas in der Achselbehaarung herum, bleibt man einen Tag lang ohne Geruch. Das heißt, man riecht den ganzen Tag höchstens wie ein Stein, also nicht. Der Stein kostet weniger als zehn Mark und wird steinalt.

„Kalialaun“ heißt das geniale Salz aus der Türkei, das den Stinkebakterien unter unseren Armen das Leben schwer macht, indem es am PH-Wert dreht. Und ein klein bißchen adstringiert es auch, ja doch. Meint, es verengt die Schweißdrüsen. Da lacht der Frisör wissend: Früher, vor AIDS, benutzte er den Stein als „Blutstift“, um am geschundenen Kundenkinn das Blut zu stillen. Der Brasilianer dagegen nimmt den Zauberstein gegen Cholera und für Wasseraufbereitung.

Der naheliegende Gedanke, daß die Parfüm- und Stinkestifte-Industrie jetzt und fürderhin darniederliegt und ausgeröchelt hat, ist allerdings falsch. Was geradezu paradigmatische Qualitäten für unsere Zeit zu besitzen scheint, die jede individuelle Duftnote verfolgt wie Pickel und andere Abweichungen, ist dem Menschen nämlich und eigentlich zutiefst fremd. Ja wir berühren hier ein Tabu: Ein Mensch ohne Geruch ist wie ein Mensch ohne Schatten!

Der einzige, der vor gar nichts zurückschreckt, ist bekanntlich der Öko. Aus gesundheitlichen Gründen immer nur meist ein Schatten seiner selbst, schreckt ihn auch nicht die Geruchlosigkeit. Darum findet man den Alaunstein zuverlässig nur im Naturholzregal des Bioladens. Neuerdings mit Säckchen.

Burkhard Straßmann

F.: Ch. Holzapfel