Kampfschreisampler

■ Kung-Fu- und Hardcore-HipHop aus Fernost und Braunschweig, heute im XL

Wer die unzähligen Abenteuer von Bruce Lee auf der Kinoleinwand mitverfolgte, weiß: Neben den Shao-Lin, durch deren 36 Todeskammern und dergleichen mehr sich die Todeskralle kämpfen mußte, gibt es nur einen Krieger-Clan im Fernen Osten, der so richtig was auf dem Kasten hat – den Wu Tang Clan. Reichlich was auf dem Kasten hat auch die 94er-Ausgabe der Meisterkrieger aus State Island, New York.

Neben musikalisch ernstzunehmendem und nebenbei völlig „Gangsta“-freiem Rap zeichnet die vielköpfige Schar vor allem eines aus: ein absolutes Faible für zumindest verbales Kung-Fu-Fighting. Eigentlich ist das nichts Neues: Schon Mitte der Achtziger hatten sich die entpolitisierten, gefrusteten Farbigen eher in Kampfsportfilme als in die problembeladenen ,,Blaxploitation“–Filme geflüchtet. Insofern ist es nicht unbedingt eine spleenige Masche, wenn der Clan im letzten Jahr als Debüt gleich ein, vielleicht das erste, HipHop-Konzept-Album herausbrachte: ,,Enter the Wu Tang – 36 Chambers“.

Der Rückgriff auf einen altbewährten, aber in Zeiten von knallharten ,,Motherfuckers“ wie Ice–T überhaupt nicht angesagten Teil der HipHop-Kultur gelingt. Voll mit taufrischen Samples, wo statt Maschinengewehr eher Fußtritte und Kampfschreie dröhnen, lauen Hänger-Beats und einer Idee Jazz-Harmonik sind die Wu-Tang-Raps, die sich in einer Ecke mit De La Soul eher zu Hause fühlen als auf den harten Straßen Brooklyns.

Ein absoluter Tip sind auch ihre Braunschweiger Reimkollegen Phase V. Jenseits der Stumpfheit von Kasperles wie den Fantastischen Vier haben sich die Niedersachsen eine völlig eigenständige, politisch korrekte, aber nicht predigende Art des Sprechgesangs erarbeitet, die sie selbst per Hand instrumentell umsetzen. Das Resultat, knallharter, gitarrenlastiger Hardcore-HipHop mit vielen Überraschungen, kann sich mehr als sehen lassen. Ein HipHop-Konzert der besonderen Art auf das man gespannt sein darf. L.R.

Wu-Tang Clan u. Phase V heute im XL-Club am Ziegenmarkt, 21 Uhr