Der Verwaltung droht die Stadtrandlage

■ Innenverwaltung will öffentliche Gebäude zu Marktpreisen vermieten / Zentrale Liegenschaftsgesellschaft ist geplant

Noch ist es ein Bericht, den die Senatsverwaltung für Inneres an das Abgeordnetenhaus übersandte. Sollte das Papier im Hauptausschuß durchkommen, droht den öffentlichen Verwaltungen möglicherweise der Umzug an den Stadtrand. Nach den Plänen der Innenverwaltung, denen der Senat bereits im August seine Zustimmung gegeben hat, sollen die Liegenschaften des Landes in eine zentrale Betreibergesellschaft zusammengeführt werden.

Das Konzept sieht vor, daß im nächsten Jahr das Landesverwaltungsamt seinen Gebäudebestand (rund 800.000 Quadratmeter) der noch zu schaffenden Berliner Betreibergesellschaft für Liegenschaften (BBGL) überträgt. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen die Hauptverwaltungen ihre Grundstücke und Gebäude zur Verfügung stellen. Die Frage der Bezirke wurde ausgeklammert.

Verdrängung in dunkle Hinterhöfe befürchtet

Bislang können die Senatsverwaltungen sowie sämtliche ihnen nachgeordnete Behörden und die Bezirke eigenständig über die Nutzung ihrer Gebäude entscheiden. Künftig soll jedoch die BBGL die ihnen übertragenen Grundstücke nicht nur verwalten, sondern auch zu „ortsüblichen Preisen“ wiederum anbieten können. Die Dienststellen könnten dann nach Angaben der Innenverwaltung entscheiden, ob sie das Angebot annehmen oder „günstigere Marktkonditionen bei anderen Anbietern bevorzugen wollen“.

Der haushaltspolitische Experte von Bündnis 90/ Die Grünen, Arnold Krause, glaubt, daß bei einer solchen Konstruktion die Verwaltungen gegenüber privaten Anbietern auf Dauer unterlegen sein werden. Keine Behörde könne die zum Teil sehr hohen Gewerbemieten in besonders lukrativen Lagen bezahlen. Krause befürchtet eine Vermietung zentral gelegener Gebäude an Banken oder Versicherungen. Dadurch würde eine bürgernahe Verwaltung langfristig an den Stadtrand oder in „dunkle Hinterhöfe“ verdrängt.

Unter anderem sieht der Bericht der Innenverwaltung „eine verbesserte Nutzung der vorhandenen Liegenschaften einschließlich der Vermietung an Dritte“ vor. Den Vorteil der BBGL sieht die Innenverwaltung in der „Offenlegung der Unterbringungskosten“, über die bislang zum Teil keine genauen Zahlen vorliegen. Darüber hinaus erhofft man sich eine Entlastung der bislang mit der Betreuung von Dienstgebäuden befaßten Abteilungen in Hauptverwaltung, nachgeordneten Behörden und Bezirken. Der jetzt an den Hauptausschuß verwiesene Bericht geht auf einen Auftrag des Abgeordnetenhauses vom letzten Jahr zurück. Damals war bei den Beratungen zum Haushaltsplan 1994 die Innenbehörde aufgefordert worden, einen Überblick über den Gesamtbestand der landeseigenen Liegenschaften zu geben.

SPD will keine neue Mammut-Behörde

Daß daraus nun das Konzept für eine zentrale Betreibergesellschaft geworden ist, überrascht auch den haushaltpolitischen Sprecher der SPD, Jürgen Lüdtke. Möglicherweise sei der Auftragsbeschluß „mißverständlich formuliert“ gewesen. Sollte damit eine neue „Mammutbehörde“, ein „zweites, überdimensioniertes Landesverwaltungsamt“ gemeint sein, werde seine Partei diesen Vorstellungen nicht folgen. Lüdtkes Befürchtung: Eine solche Institution sei, insbesondere in den Bezirken, nicht nahe genug an den Problemen.

Bündnis 90/ Die Grünen befürchten zudem, daß mit einer privatrechtlich organisierten BBGL neue, gut bezahlte Vorstandsposten geschaffen werden. Zusätzlich würde eine solche Einrichtung die parlamentarische Kontrolle aushöhlen und die Bezirke entmachten. Statt dessen müsse das dezentrale Gebäudemanagement bei der öffentlichen Verwaltung durch ein neues Führungs- und Steuersystem gestärkt werden. Severin Weiland