Kein Sturm am Strom

■ Bremens neuer Skulpturenpark am neuen Weserwehr macht mit diesem eher seinen Frieden

Einer hat geredet und gekämpft und geschrieben gegen den Abriß des alten Weserkraftwerks. Und dann steht er vor dem bekämpften, neuen Weserwehr. Und ist Künstler. Und darf seine Kunst dahinstellen. Wie wird die Kunst aussehen? Protestkunst? Provokation? Kritik? Nostalgie? Nichts von alledem bewegte Gunther Gerlach, als er in dem parkähnlichen Gebilde am neuen Weserwehr einen mittelgroßen kalfaterten Bootskörper aufstellte, durchdrungen von einer Stahltrosse. „Nach vorne denken,“ sagt er. „Mit Provokation kommt man nicht mehr weiter.“ Und: „Kunst im öffentlichen Raum ist immer kontrovers.“

Massives Auftreten öffentlicher Kunst ist dieser Tage am Weserwehr zu verzeichnen. Nachdem das Wasser- und Schiffahrtsamt, zuständig für das neue Bauwerk im Fluß, aus Kunst-am-Bau-Mitteln einen bronzenen Januskopf als Brückenschmuck organisiert hat (Klaus Luckey, Hamburg), zieht jetzt Bremen nach mit „Im Strom“, einer „Ausstellung“ von Objekten und Installationen. Neben Gerlachs Arbeit treten auf: fünf übergroße Körbe voller dicker Kieselsteine (Rudl Endriss), eine „Anschwemmung“ von Eisenrohren des alten Wehrs (Branko Smon), ein Puzzle aus Eisenplatten (Rolf Nolden) und am Wehr selbst befestigte „Lichtpyramiden“ (Berverly Piersol).

Daß die Bildhauer und Installateure der architektonischen Wucht des Wehrs, der Gewalt der herabstürzenden Weser unterliegen müßten, war schon früh Konsens. Und daß die Konservierung des Protestes in der Kunst Nostalgie wäre, ebenfalls. Und so ist ein Skulpturenpark entstanden, der das Weserwehr nicht braucht.

Ausnahme: Frau Piersol. Sie beschwört, allerdings homöopathisch verdünnt, die Geschichte, indem ihre Leuchtkörper ein gitterförmiges Licht auf den Baukörper werfen – man kann sich notfalls an die Gitterkonstruktion der alten Wehrbrücke erinnern lassen. Nachts.

Apropos „Ausstellung“: Eine solche Ansammlung tonnenschwerer Objekte scheint wie für die Ewigkeit hingestellt. Doch offiziell werden die Kunstwerke nach einem Jahr wieder weggeräumt. Hintergrund: So viel Kunst ist in Bremen nicht mehr zu bezahlen. Die Künstler haben nur ein „Aufbauhonorar“ bekommen und bleiben Besitzer ihrer Arbeiten. Doch daß die „Dauerleihgaben“ wieder weggeräumt würden, ist kaum zu glauben, es sei denn, ein „Proteststurm der Hastedter“ (Gerlach) gegen die Kunst bräche aus. Der Fall ist auszuschließen.

Burkhard Straßmann