Parlament aufgelöst

■ Machtkampf auf der Krim eskaliert

Simferopol (AP/taz) – Der Präsident der Krim hat am Sonntag das Parlament sowie Stadt- und Regionalräte der Halbinsel aufgelöst und sich bis zu einer Volksabstimmung zum Regierungschef erklärt. Juri Meschkow reagierte damit auf einen Parlamentsbeschluß vom Mittwoch, in dem seine Machtbefugnisse erheblich beschnitten worden waren. Wie der ukrainische Rundfunk meldete, war vorerst unklar, ob Meschkow über genügend Anhänger verfügt, um sein Dekret durchzusetzen. Vor dem versiegelten Parlamentsgebäude in der Krim-Hauptstadt Simferopol fand am Sonntag eine Demonstration zur „Verteidigung“ der Maßnahme des Präsidenten statt.

Meschkow war Ende Januar mit fast 73 Prozent der Stimmen zum Präsidenten der überwiegend von RussInnen bewohnten Krim gewählt worden. Unter dem im Sommer dieses Jahres abgewählten ukrainischen Präsidenten Leonid Krawtschuk hatte er sich für die Unabhängigkeit der Halbinsel eingesetzt. Unter dessen Nachfolger Leonid Kutschma akzeptierte er dann jedoch die Zugehörigkeit zur Ukraine. Meschkow deutete an, daß er für seinen Schritt die Unterstützung Kutschmas genieße. In den vergangenen Tagen hat mindestens ein Geheimtreffen zwischen den beiden Präsidenten stattgefunden.

Obwohl Meschkows Parteiblock „Rußland“ im Krim-Parlament über eine Mehrheit verfügt, war es in den letzten Monaten immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen dem Präsidenten und den Abgeordneten gekommen. Sie kritisierten seine aus Moskau importierte Regierung und deren undurchsichtige Privatisierungspolitik. Ein großer Teil der florierenden Tourismusbranche war an russische Unternehmer und die Mafia gefallen.

Wie Meschkow am Sonntag im Rundfunk ankündigte, wird nunmehr eine Expertenkommission eine neue Verfassung für die Krim erarbeiten. Diese soll am 9. April dem Volk zur Billigung vorgelegt werden. Erst danach – binnen etwa drei Monaten – könne dann ein neues Abgeordnetenhaus gewählt werden. Parlamentsabgeordnete warfen dem Präsidenten Verfassungsbruch vor. Dennoch trafen sich bereits wenige Stunden nach dem Auflösungsdekret Meschkow und Parlamentspräsident Sergei Zekow. Am Nachmittag sollte eine Parlamentssitzung stattfinden. Kommentar Seite 10