Warum Heckelmann bleiben darf

■ Der Berliner Innensenator hat noch mehr Probleme – aber weniger Skrupel

Über mangelnde Publizität kann sich Berlins Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) nicht beklagen. Seit Wochen taucht sein Name in den Schlagzeilen der Hauptstadtpresse auf. Zuletzt vor zwei Tagen, als die gesetzliche Vorlage der Senatskanzlei bekannt wurde, mit der ihm die Aufsicht über das Landesamt für Verfassungsschutz entzogen werden soll. Auf diese Teilentmachtung hatten sich CDU und SPD im Juni dieses Jahres geeinigt, nachdem Heckelmanns Pressesprecher Hans-Christoph Bonfert über Kontakte zu Rechtsradikalen gestolpert war.

Die Affäre, die zur schwersten Krise zwischen den Koalitionspartnern CDU und SPD geführt hatte, war kaum ausgestanden, da ereilte Heckelmann im August die nächste Hiobsbotschaft: Ein ganzer Zug einer Hundertschaft der Berliner Polizei wurde aufgelöst. Gegen 13 Beamte der Kreuzberger Einheit wird zur Zeit unter anderem wegen Körperverletzung ermittelt. Weitere fünfzig Verfahren gegen Beamte sind bei der Staatsanwaltschaft anhängig.

Die Kritik an seiner Amtsführung perlt an Heckelmann bislang ab. Anders als Hackmann lehnt er es ab, in den Vorfällen ein strukturelles Problem auszumachen. Erst letzte Woche nahm er seine Polizeibeamten vor dem Innenausschuß des Abgeordnetenhauses in Schutz. Die neuen Vorwürfe gegen Beamte hätten zwar „eine gravierendere Qualität“ als frühere Einzelfälle. Doch von einer „schwarzen Herde“, wie sie die Opposition im Polizeiapparat entdeckt haben will, hält Heckelmann nichts. „Nach wie vor handelt es sich um schwarze Schafe.“ Heckelmanns Amtsführung stößt zwar mittlerweile dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) übel auf – auf den Rückhalt an der Basis kann sich der Hardliner jedoch verlassen. Als im Juni im Bonfert-Skandal die SPD mit dem Koalitionsbruch drohte, stand die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus geschlossen hinter ihrem Senator.

Bei einer Neuzuschneidung des Senats könnte Heckelmann ausgetauscht werden. Doch gegen den Wunsch der SPD, die ab 1995 vorgesehene Senatsverkleinerung vorzuziehen, sperrt sich die CDU. Über eine solchen Schritt, erklärte deren parlamentarischer Geschäftsführer Volker Liepelt, „diskutieren wir nicht“. Heckelmanns Position wurde diese Woche von seiner Partei noch einmal gestärkt. Ursprünglich sollte bereits Ende Oktober der Abschlußbericht des Untersuchungsausschusses zum Mykonos-Attentat vorgelegt werden, der den Mord an vier iranischen Oppositionellen während der Tagung der Sozialistischen Internationale im September 1992 in Berlin aufklären soll. SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP werfen Heckelmann und seinen Behörden schwere Versäumnisse vor. Doch vorgestern kündigte die CDU neue Beweisanträge an, mit dem der Abschlußbericht erst einmal hinausgezögert wurde. Der innenpolitische Sprecher der CDU, Andreas Gram, brachte es nach der nichtöffentlichen Sitzung auf die Formel: „Sie glauben doch nicht im Ernst daran, daß Herr Heckelmann über die Mykonos- Affäre stürzen wird.“ Die Berliner, interessiere es doch vielmehr, ob die Polizei ein Ereignis wie die Verabschiedung der Alliierten „ordentlich über die Bühne bringt“. Severin Weiland