Mit Respekt und Toleranz

■ Heute feiert Will Quadflieg seinen 80. Geburtstag/Alle sind eingeladen

Will Quadflieg ist ein Kristallisationspunkt der Theaterkunst für mindestens vier Generationen und über alle konfessionellen und weltanschaulichen Frontlinien hinweg. Selbst meine kunstferne, fromme Urgroßmutter, die sich mit Beten und Aquarellieren von Schmetterlingen und Gartenpflanzen jung hielt, schwärmte von dem Faust, der sie bei einem ihrer wenigen Kinobesuche verzaubert hatte. Trotz vieler selbstkritischer Worte, die Quadflieg in seinen Erinnerungen über seine Darstellung in dieser Verfilmung der legendären Gründgens-Inszenierung niederschrieb, blieb diese Rolle das Adels-Siegel seiner ungeheuren Populariät.

Daß Quadflieg nach über 60 Jahren Schauspieler-Laufbahn nicht zum rührseligen Helden einer Oma-Generation verkam, verdankt er einer sehr seltenen Vereinigung von menschlicher Integrität und Bescheidenheit, humanistischem Bildungsideal und der Fähigkeit zur Selbstkritik, die sein Spiel edelt. Das Theater als moralische Anstalt blieb über alle Regie-Moden und zeitkritischen Diskurse hinweg Quadfliegs innerer Kompaß, ohne daß ihm das jemals die Neugier auf ein Wagnis versagt hätte. Vielmehr beschwerte er jedes individuelle Konzept mit einer hochgebildeten Menschlichkeit, mit Ernsthaftigkeit, Toleranz und Respekt. Und diese Form von Persönlichkeit ließ sich zu nichts benutzen, sondern zwang zu Dialog, Auseinandersetzung und kritischer Kondition.

Pünktlich zu seinem Geburtstag, der für und mit ihm heute im Thalia Theater mit der großen Hommage Sprachgeister und dem anschließenden Thalia-Fest gefeiert wird, ist jetzt beim Arche-Verlag eine Würdigung in Buchform erschienen. Weggefährten, Freunde und andere Prominente erzählen in kurzen Gratulations-Noten von ihrer persönlichen Geschichte mit Quadflieg und unzählige Bilder aus allen Epochen seiner Arbeit erlauben respektvolles Staunen. Biografisches und Anekdoten, Rührseliges und Ehrbezeugungen fügen sich zwar nicht zu einer vollständigen Lebensgeschichte, aber ein farbenprächtiges Mosaik verschiedener Stimmen verleiht der Ehrung ihren ganz eigenen Takt. Von Helmut Schmidt bis Ralph Giordano, Peter Turrini bis Harald Juhnke und Ruth Leuwerik bis Christina Weiss reicht die Liste der Gratulanten.

Auch Quadfliegs umfangreiches Wirken als Rezitator wird anläßlich seines Jubiläums wiederaufgelegt. Zudem zeigt das Abaton in den nächsten Tagen seine wichtigsten Filme. Daß Will Quadflieg, dessen Mitarbeit bei Flimms Wildente sicher noch lange nicht die letzte Bühnenarbeit sein dürfte, angesichts dieser reichhaltigen Ehrungen – im Gegensatz zu manch anderem Hamburger Jubilar – nicht eitel überschnappen wird, ist in Betracht seiner weisen Besonnenheit so sicher wie das Amen in der Kirche. Till Briegleb

Sprachgeister: Thalia-Theater 19 Uhr (Reinerlös für amnesty international)

Will Quadflieg – Ein Leben für das Wort in Texten und Bildern, Arche-Verlag, 208 Seiten, 68 Mark

Die Filme:

Die Zaubergeige (1944): 16. und 17.9., 18 Uhr

Philharmoniker (1944): 18.9., 18 Uhr; 19. und 21.9., 16 Uhr

Solistin Anna Alt (1944): 22.9., 18 Uhr; 26. und 27.9., 16 Uhr

Faust (1960): 18. und 25.9., 11 Uhr; 19.9., 17.45 Uhr

Die Reise (1985): 22.9.,16 Uhr; 25.9., 18 Uhr.