Billiger Krawall

■ 1.000 Mark Geldbuße für „Flaschenwerfer“

Thomas H. gab zu, ziemlich viel getrunken zu haben. Drei Bierflaschen hatte er in der Silvesternacht 1993/94 am Sielwall-Eck auf die Polizei geworfen. „Ich wollte niemanden treffen“, beteuerte er am Dienstag vor Gericht. Eine der Flaschen prallte gegen das Schutzschild eines Beamten, die anderen landeten auf der Straße. Die Staatsanwaltschaft warf ihm schweren Landfriedensbruch, Bedrohung von Menschen und Waffenbesitz vor. Darauf steht eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten.

Der 34jährige Thomas H. ist einer der zehn Personen, die in der Silvesternacht 93/94 an der Sielwallkreuzung festgenommen wurden. Die Polizei war massiv gegen Randalierer und Passanten vorgegangen. Es gab mehrere Verletzen auf beiden Seiten und größeren Sachschaden.

„Ich hatte mit den Ausschreitungen nichts zu tun“, beteuerte Thomas H. aber vor dem Amtsrichter. Er sei auf einer Party im Sielwallhaus gewesen. „Ich war in der Nähe der Kreuzung, als auf einmal die Wasserwerfer einsetzten. Da bin ich Richtung Humboldtstraße geflüchtet. Danach konnte ich nicht mehr zur Party, weil die Polizei den Weg versperrte.“ Und dann habe er gesehen, daß einer seiner Bekannten von der Polizei geschlagen wurde. „Da habe ich die Flaschen geworfen.“ Bei der Waffe, die Thomas H. in der Silvesternacht bei sich hatte, handelte es sich um eine kleine Dose CS-Gas, die er immer mit sich trägt.

Das Gericht verzichtete darauf, Polizisten zu vernehmen. Da der Angeklagte sich unpolitisch gab, den Vorfall bedauerte und er nicht vorbestraft sei, willigte der Richter dem Vorschlag des Verteidigers ein, das Verfahren gegen eine Geldbuße von 1.000 Mark einzustellen. Auch Staatsanwältin Lutzebäck war damit einverstanden. Sie wolle nicht die Zukunft des Angeklagten durch ein hohes Strafmaß gefährden. Richter Hogenkamp versicherte, daß dies kein Präzedenzfall für die Silversterkrawalle sein werde: Es handele sich beim Angeklagten nicht um „einen der üblichen Chaoten“.

Lagro