Generalmobilmachung

■ Abchasien will Rückkehr der Flüchtlinge aus Georgien verhindern

Moskau (taz) – Die Regierung der separatistischen georgischen Republik Abchasien hat am Dienstag die Generalmobilmachung ihrer Truppen angeordnet. Sie reagiert damit auf eine angebliche Massenrückkehr georgischer Flüchtlinge, die sich im Rahmen von Kommandostabsmanövern der russischen Friedenstruppen vollziehen soll. Die abchasische Führung erklärte diese Maßnahmen für unrechtmäßig, sie würden den Friedensprozeß zwischen Georgien und Abchasien behindern. Die Kontroverse folgt auf einen Zwischenfall am Montag, bei dem unbekannte Heckenschützen zwei Angehörige des russischen Friedenskorps bei einer Patrouille erschossen hatten. Angesichts des nahenden Winters hatte in der letzten Woche eine wütende Menge georgischer Flüchtlinge versucht, die russischen Wachposten am Grenzfluß Inguri zu überrennen. Zwischen 300.000 und 500.000 Menschen waren während des abchasisch-georgischen Krieges im vergangenen Jahr nach Georgien geflohen.

Über das Tempo der Rückführung der Flüchtlinge hat es ein monatelanges Tauziehen gegeben. Während Russen und Georgier hofften, daß die Menschen noch vor dem Winter in ihre zerstörten Dörfer zurückkehren könnten, sprachen die abchasischen Unterhändler zum Teil von einer Frist von mehreren Jahren.

Da der Krieg mit ausgesuchter Grausamkeit geführt worden war, lehnt es die abchasische Führung ab, daß ihre Bürger mit ihren ehemaligen Folterern Tür an Tür leben. Als Voraussetzung für die Rückkehr wurde ein „Filterverfahren“ gefordert, bei dem die Georgier beweisen mußten, daß sie nicht an Kriegsverbrechen beteiligt waren. Bereits in ihre Dörfer zurückgekehrt sind 40.000 Mingrelier, die sich bei den Kämpfen neutral verhalten hatten. Barbara Kerneck