Jassir Arafat läßt die Finger von Jerusalem

■ Der PLO-Chef und Israels Außenminister unterschreiben noch ein Abkommen

Tel Aviv (taz) – Gut ein Jahr nachdem sich Jassir Arafat und Israels Ministerpräsident Jitzhak Rabin in Washington die Hände reichten, unterschrieben der PLO- Chef und Israels Außenminister Schimon Peres am Dienstag in Norwegen eine „Osloer Erklärung“. In dem Papier verpflichten sich Israel und die PLO, vor den sogenannten Geberstaaten keinerlei politische Probleme und Streitigkeiten aufzurollen.

In der vergangenen Woche war eine in Paris geplante Konferenz jener 34 Staaten, die die palästinensische Autonomie bezahlen sollen, abgesagt worden, weil sich Palästinenser und Israelis in der Jerusalemfrage in die Haare gekommen waren. Die Palästinenser wollten sich von den Gebern unter anderem drei Bauprojekte im Ostteil der Stadt finanzieren lassen. Die israelische Regierung fürchtete jedoch um den Status Jerusalems als ungeteilter Hauptstadt Israels und lehnte die Forderungen ab. Die Konferenz platzte, bevor sie angefangen hatte.

Keine palästinensischen Projekte in Ostjerusalem

Um die Folgen ähnlicher Dispute in Zukunft zu begrenzen, verpflichteten sich die Palästinenser in Oslo, bevor sie mit Projektvorschlägen vor die Geberstaaten treten, die Einwilligung der israelischen Regierung einzuholen. Arafat verzichtete vorerst auf Bau- und Reparaturvorhaben in Ostjerusalem.

Vor einem Jahr hatten sich Vertreter der 34 Regierungen und internationalen Organisationen wie der Weltbank und Institutionen der UNO verpflichtet, der palästinensischen Autonomie im Gaza- Streifen und in Jericho finanziell auf die Beine zu helfen. Im ersten Jahr sollten die Palästinenser ungefähr 700 Millionen US-Dollar für Entwicklungsprojekte bekommen. Bisher ist davon jedoch nur ein Bruchteil eingetroffen.

Angeblich soll nun bereits in der kommenden Woche in Paris eine neue Konferenz der Geberstaaten einberufen werden. Die Palästinenser hoffen, daß dort wenigstens Hilfe in Höhe von 32 Millionen Dollar mobilisiert werden kann.

In der Osloer Erklärung wurde auch festgelegt, daß die internationale Überbrückungshilfe für die Verwaltungsbereiche in der Westbank nicht über den März 1995 hinaus erneuert wird. Spätestens bis zu diesem Zeitpunkt muß ein eigenes palästinensisches Steuersystem funktionieren. Bis dahin sollen die Geberstaaten mehr als 100 Millionen US-Dollar für die Erhaltung der palästinensischen Polizei bezahlen. Die Finanzierung erfolgt im Rahmen eines Entwicklungsprogramms der UNO.

In der Osloer Deklaration drücken beide Seiten ihre Zufriedenheit mit den bisherigen Entwicklungen im Friedensprozeß aus. Besonders gewürdigt werden die verbesserten Beziehungen zwischen Israel und Jordanien sowie die gegenseitigen Versicherungen des Friedenswillens aus Israel und Syrien. Den Medien gegenüber erklärte Peres, die vor einem Jahr in Washington unterzeichneten Abkommen hätten zu einer Kettenreaktion geführt. Das Abkommen mit der PLO bildete die Grundlage für die neuen Entwicklungen in den Verhandlungen zwischen Israel und Jordanien und zwischen Israel und Syrien.

Am Tag der Unterzeichnung der neuen Deklaration in Oslo gab das Baukomitee der Jerusalemer Stadtverwaltung die Bewilligung zum Bau eines neuen dreistöckigen Gebäudes. Auf einer Fläche von etwa 3.000 Quadratmetern soll am Hang des Ölbergs im Ostjerusalemer at-Tur eine orthodox-jüdische Schule entstehen. An der Stelle war ursprünglich die Errichtung einer arabischen Schule vorgesehen. Nurit Yadeni-Levi, Oppositionsvertreterin im Stadtrat, erklärte: „Dieser Plan ist ein Unglück für Jerusalem. Anstatt Koexistenz zu fördern, provoziert die Stadtverwaltung weitere Konflikte.“ Amos Wollin