Stahl-Monopoly auf Staatskosten

■ CDU erhebt schwere Vorwürfe gegen SPD-Stahlunternehmer Gerd Weiland Von Florian Marten

Für Gerd Gustav Weiland brechen schwere Zeiten an. Der frühere SPD-Spitzenpolitiker, auf Betreiben Henning Voscheraus jüngst zum einfachen Bürgerschaftsabgeordneten degradiert, sieht sich seit Donnerstag scharfen Anschuldigungen des früheren Landesbankchefs und SPD-Politikers Hans Fahning ausgesetzt. Fahning bestätigte als Zeuge vor dem Wirtschaftsausschuß der Bürgerschaft fast alle Vorwürfe, die im Zusammenhang mit dem Hamburger Stahlwerks-Skandal bislang gegen Weiland erhoben wurden und packte noch ein paar weitere oben drauf.

Anlaß für die CDU, gestern schweres Geschütz aufzufahren: Weiland, so das CDU-Politiker-Trio Ole von Beust, Bernd Kruse und Martin Willich, habe sich politisch-moralisch fragwürdig bereichert und blockiere mit seinem so gewonnenen Vermögen jetzt auch noch die Rettung der konkursreifen Hamburger Stahlwerke (HSW). „Nur aus Rücksicht auf die laufenden Verkaufsverhandlungen“, so CDU-Fraktionschef Ole von Beust, „verzichtet wir noch auf einen Untersuchungsausschuß.“

Seine Kompagnons äußerten sich noch weit schärfer. Bernd Kruse, ehemaliger Chef der EdelReederei Hapag-Lloyd, meinte mit beißender Ironie: „Ich bin ein Kaufmann, der Politik lernt. Ich bin fasziniert und überrascht von den Möglichkeiten, die sich aus der Nähe von Politik und Wirtschaft ergeben.“

Allgemeinverständlicher attackierte die alerte CDU-Eminenz Martin Willich: „Chancen und Gewinne wurden privatisiert, Verluste sozialisiert.“ Die CDU wertet den Auftritt des für seine Integrität berüchtigten Hans Fahning als Wendemarke in der bisherigen Aufklärungsarbeit des Wirtschaftsausschusses. Willich: „Was wir als mulmigste Bedenken hatten, wurde jetzt von Senatsseite bestätigt.“

Fahning ist als Chef der Landesbank (bis Juni 1993) in alle Details der Staatsbürgschaften und Landesbankkredite an Weiland eingeweiht und seit Dezember 1993 im Auftrag des Senats als HSW-Verkäufer unterwegs. Sein Hauptvorwurf: Weiland, der zwar als Anteilseigner der Stahlwerke ausgeschieden ist, blockiert über seine 1/3-Beteiligung an der Westfälischen Drahtindustrie (WDI) den Verkauf der HSW an die Badischen Stahlwerke (BSW). Nach Fahnings Aussagen hatten die BSW bereits einer Übernahme der HSW zugestimmt und 600 Arbeitsplätze bis zum Jahr 1999 garantiert (heute 820). Weiland aber, von Fahning im Beisein eines Zeugen befragt, ob er seinen WDI-Anteil abtreten könne, behauptete, so Fahning, „ich kann über meinen Anteil nicht verfügen“.

Von der taz um Aufklärung gebeten, verweigerte Weiland jegliche Auskunft: „Ich kenne die Vorwürfe nicht. Ich nehme dazu keine Stellung.“ Das WDI-Ding ist nicht nur nach Auffassung der CDU der Schlüssel zum Stahlwerkfilz. Mit einem Kredit der HSW-Tochter HSC kauften Weiland und sein Kompagnon Mitte der 80er Jahre die WDI, ein damals sanierungsreifes Unternehmen, welches nach Schätzung der CDU heute einen Wert von 40 bis 60 Millionen Mark hat.

Diese wundersame Geldvermehrung (“Privatisierung der Gewinnchancen“) in einem Zeitraum, als es mit den völlig von Senatsbürgschaften abhängigen HSW (“Sozialisierung der Verluste“) bergab ging, verdanken WDI und Weiland, so die CDU, einem Abnahmevertrag: Die HSW zahlen jährlich 5,5 Millionen Mark für die Gnade, daß ihnen die WDI Stahl abkauft.

Für die BSW sind die HSW nur in Verbindung mit diesem teuren Zwangskunden attraktiv. Weiland dagegen dürfte, darauf weisen Informationen aus seiner Umgebung hin, die WDI für ein ganz anderes Spiel benötigen: Noch immer träumt er davon, mit seinem Hamburger Konsortium (Partner: HSW-Boß Grosse und HHLA-Boß Peter Dietrich) die EKO-Stahl in Eisenhüttenstadt zu übernehmen. Weiland, der so an nicht unerhebliche Treuhandmittel käme, behauptet, nur so ließen sich die HSW auf Dauer retten. Die CDU meint hingegen, Weiland klammere sich an ein politisch fragwürdig erworbenes Vermögen, das er zum Wohle der HSW-Arbeitsplätze schnellstmöglichst herausrücken solle.

Derweil rutschen die HSW immer tiefer in die roten Zahlen. Für das laufende Jahr erwarten Senatsvertreter mindestens 15 Millionen Mark Verlust.